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Angeschuldeten an einem anstaͤndigen Orte
vorzunehmen sich gesehlich veranlaßt finden.
Das Standes Gericht wird vom Könige
in der Residenzstadt angeordner, und nach
den Bestimmungen des Seraf: Gesetzbuches
aus sechs oder acht Richzern gleichen Standes
mit dem Angeschuldigten zusammen gesett.
In Eemangelung der erforderlichen Anzahl
von Ebenbürtigen wird das Gericht aus den
Reichsräthen ergänzt. Den Vorsitz und die
Leitung hat in erster Instanz ein Präsiden"
des Ober-Appellarions, Gerichts, und in der
zweyten der Staats Mlnister der Justiz, in
feiner Eigenschaft als Großrichter.
Zwey Ober, Appellations, Gerichtsräthe
werden in beyden Instanzen zu Re= und Cor-
referentewernannt, welche jedoch nur eine be-
rathende Stimme haben. Der erste geheime
Seccretatre des Staats:Ministeriums der Ju-
stiz führt das Protocoll.
Die Untersuchungs-Commisstonschicke die
Acten sowohl nach geschlossener General Un-
tersuchung, als nach vollständig mit Beobach=
tung des Vertheidigungs-Verfahrens been-
digter Special-Inquisstion, wenn darauf
erkann#t worden, an den König, welcher dann
das Gericht zusammen beruft.
Das von den Gerichts Bepsihern ge-
schörfte Erkenntniß wird dem Könige mit dem
Gutachten über die vielleicht vorhandenen
Begnadigungs Gründe, wesfalls die An-
träge der Referenten zu vernehmen sind, vor-
gelegt. — Erfolgt keine Begnadigung, so
wird das Urtheil in gesetzlicher Art durch das
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damit beauftragte Appellations-Gericht zum
Vollzug gebrache.
Die Güter des Verurtheilten dürfen in
keinem Falle confiscirt, sondern können nur
während seiner Lebenszeit sequestrirt werden.
Dieses privilegirte außerordentliche Ge
riche kammt allein den Häuptern der standes-
herrlichen Häuser zu. Die übrigen Mitglie-
der dieser Familien sind in peinlichen Sachen
dem gewöhnlichen privilegirten Gerichtsstande
unkerworfen.
In Cloll: Strafrechtssachen ist das tref-
sende Appellations Geriche die untersuchende
und zugletch erkennende Behörde erster In-
stanz; für Bernfungen aber das Ober-Appel-
lations= Gericht die zweyte In#hanz.
Ihre nach Berundsigen der fruͤ-
hern deutschen Verfassung noch bestehenden
Familien-Vertraͤge bleiben aufrecht erhalten,
und sie haben die Befugniß uͤber ihre Guͤter
und Familien-Verhaͤltnisse verbindliche Ber-
fuͤgungen zu treffen, welche dem Souverain
vorgelegt werden muͤssen, worauf sie, so weit
sie nichts gegen die Verfassung enthalten,
durch die obersten Landesstellen zur allgemei-
nen Kenneniß und Nachachtung gebracht
werden.
g. 10.
Die Vormundschaften der standes-
herrlichen Familien Glieder koͤnnen von dem
Haupte des Hauses bestellt werden. Ist das-
selbe dabey betherligt, und ein Vormund oder
Curator von Obrigkeitswegen aufzustellen, so
geschiehr dieses durch das Appellations Geriche