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I. Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 1.
Die neue Prozeßordnung in bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern
tritt mit dem 1. Juli 1870 im ganzen Um-
fange des Königreichs in Kraft.
Artikel 2.
Mit diesem Zeitpunkte verlieren alle bis
dahin geltenden Bestimmungen über das Ver-
fahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, wo-
runter an allen Stellen des gegenwärtigen
Gesetzes auch jene über das Verfahren in
Handels= und Wechselsachen, über die Voll-
streckung der Urtheile und sonstigen vollstreck-
baren Urkunden und über das Gantverfahren
(Concurse, Fallimente) zu verstehen sind, ihrc
Giltigkeit und Wirksamkeit, soweit sie nicht
die neue Prozeßordnung oder das gegenwär-
tige Gesetz als fortbestehend bezeichnet.
Soweit die neue Prozeßordnung Bestim-
mungen über Gegenstände des bürgerlichen
Rechts enthält, verlieren auch die entgegen-
stehenden, bis dahin geltenden civilrechtlichen
Bestimmungen, sie mögen in den Prozeßord-
nungen oder in andern Rechtsquellen ent-
halten sein, ihre Giltigkeit und Wirksamkeit
für alle Theile des Königreichs, für welche
nicht bezüglich einzelner Bestimmungen eine
Ausnahmc in der neuen Prozeßordnung oder
im gegenwärtigen Gesetze besonders getroffen ist.
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Artikel 3.
Insbesondere treten unter den in vorstehen-
dem Artikel 2 angegebenen Vorbehalten außer
Kraft:
1) die das Verfahren in bürgerlichen Rechts-
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streitigkeiten betreffenden Bestimmungen
der bayerischen Gerichtsordnung (coderx
juris Bavarici judiciarül) von 1753
und der pfälzischen Civilprozeßordnung
(code de procédure civile) von 1806
nebst allen darauf bezüglichen Gesetzen
und Verordnungen;
die in den verschiedenen Gebietstheilen
bezüglich des Verfahrens in Handels-
und Wechselsachen bestehenden beson-
dern Bestimmungen;
die das Verfahren vor dem Cassations=
hofe der Pfalz in Ciwvilsachen betref-
fenden Bestimmungen;
die Artikel 437, 440— 478, 480—543,
558—575, 599, 604— 631 und
635—648 des in der Pfalz theilweise
noch geltenden code de- commerce
von 1807;
die Artikel 8—15, 19, 26—28, 49
Abs. 1, 54—59 und 79 Abs. 1—3
und Abs. 5 des Gesetzes vom 10. No-
vember 1861, die Gerichtsverfassung
betreffend, ferner von demselben Gesetze
die Artikel 25 und 38 Abs. 2, soweit
es sich an diesen Stellen um Ausfer-
tigungen in bürgerlichen Rechtsstreitig-