Schattenseiten einer allzu raschen Entwicklung treten
vielfach peinlich und drohend hervor. Schon hat die
Bewertung des Geldes bei uns ein Gewicht gewon-
nen, das man nur mit Lorge beobachten kann. Die
tüchtige Leistung als solche gilt heutzutage leider
häufig schon weniger als das Dermögen, das einer er-
erbt oder errafft hat. Und auf welche Weise das Der-
mögen verdient worden ist, danach wird oft schon
kaum mehr gefragt. Diese Sucht nach dem Besitz
möglichst großer Geldmittel droht alte und ehr-
würdige Begriffe zu verschieben, Dinge, die früher
nicht als fair, oder besser gesagt nicht als anständig
galten, werden stillschweigend geduldet, dem hitzigen
Gelderwerb wird alles geopfert. Die alten Ideale,
ja selbst Ehre und Ansehen der Nation können in Mit-
leidenschaft gezogen werden; denn zum ungestörten
Geldverdienen braucht man Srieden, Frieden um
jeden Dreis. Und doch lehrt uns das Studium der
Geschichte, daß noch immer alle diejenigen Staaten,
bei denen rein kaufmännische Interessen in entschei-
denden Stunden den Kusschlag gaben, elend zugrunde
gegangen sind.
Srisch und freudig wieder anknüpfend an den
schlichten Iinn unserer Däter wollen wir gewiß keine
Säulenheiligen heranziehen, die sich, auf alle Sreuden
der schönen Erde verzichtend, von wildem honig nähren
und rauhe Kamelfelle zur Sewandung wählen. Mögen
wir den Komfort und Luxus, den wir als Kinder un-
serer, in der Technik so fortgeschrittenen, an prak-
tischen Erfinbungen so reichen Seit genießen, als an-
genehme Beigabe betrachten, die an sich keine ver-
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