Full text: Das Gesetz über den Kriegszustand vom 5. November 1912. (1)

6 Gesetz über den Kriegszustand 
Strafgesetzbuches von 1813. Insbesondere gewährleisten sie, 
daß auch unter der erforderlichen außerordentlichen Zusammen— 
setzung des Gerichts und der gleichfalls gebotenen Beschleu— 
nigung des Verfahrens der Angeschuldigte rechtliches Gehör 
und ausreichende Möglichkeit seiner Verteidigung findet. In 
dieser Beziehung ist namentlich auf die Vorschriften zu ver— 
weisen, daß die Mehrheit der Richter aus unabsetzbaren Zivil— 
richtern besteht und den Vorsitz stets der rangälteste Zivil— 
richter hat, daß zu einer Verurteilung im standrechtlichen 
Verfahren eine Mehrheit von vier Fünfte! der Stimmen ge- 
hört und daß, wenn sich das standrechtliche Gericht nicht mit 
vollster Ueberzeugung für die Schuld oder die Unschuld des 
Angeschuldigten aussprechen kann, es die Sache einfach vor 
das ordentliche Gericht verweist. Ferner gehören hierher die 
Bestimmungen, daß zwei aus dem Volke zu entnehmende 
Gerichtsbeisitzer zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Ver— 
fahrens der Verhandlung beiwohnen und daß, um auch eine 
spätere Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens zu 
ermöglichen, von einem vereidigten Gerichtsschreiber ein Pro— 
tokoll über die Verhandlungen geführt wird. Das Verfahren 
ist weiters öffentlich und mündlich und dem Angeschuldigten 
steht das Recht zu, einen Verteidiger zuzuziehen. Der Ent— 
wurf verstärkt diese Garantien für den von ihm geordneten 
Fall des Standrechts, insbesondere durch die Vorschriften, 
daß die Auswahl der Zivilrichter und der Gerichtsbeisitzer 
einem unabsetzbaren Richter, dem Präsidenten des Ober- 
landesgerichts obliegt, der Angeschuldigte auch einen rechts- 
kundigen Verteidiger beiziehen kann, ihm unter Umständen 
sogar ein Verteidiger beigegeben werden muß, daß dem ver- 
hafteten Angeschuldigten der Verkehr mit dem Verteidiger 
gestattet werden muß und daß das Urteil unter allen Um- 
ständen öffentlich verkündet werden muß. 
Wie nach der Fassung der Vorschriften des Entwurfes 
nicht zweifelhaft sein kann, gelten seine Vorschriften für ganz 
Bayern einschließlich der Pfalz. Das für den Fall des Kriegs- 
zustandes geltende Ausnahmerecht (Standrecht) wird also 
künftig im rechtsrheinischen Bayern und in der Pfalz gleich 
sein. Entgegenstehende Vorschriften des bisherigen Rechts 
treten, soweit es sich um den Fall des Kriegszustandes han-
	        
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