Full text: Handbuch der während des Krieges ergangenen Verordnungen des stellv. Generalkommandos XIII. (Königl. Württ.) Armeekorps mit Einschluß nicht veröffentlichter Erlasse.

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2. Der Beschuldigte kann sich eines Verteidigers bedienen. — Wählt er keinen Verteidiger, 
so muß ihm ein solcher von Amts wegen von dem Vorsitzenden des Gerichts bestellt werden, 
insofern es sich um solche Verbrechen oder Vergehen handelt, bei welchen nach dem 
allgemeinen Strafrecht eine höhere Strafe als Gefängnis bis zu einem Jahre eintritt. 
3. Der Berichterstatter trägt in Anwesenheit des Beschuldigten die demselben zur Last 
gelegte Tatsache vor. 
Der Beschuldigte wird aufgefordet, sich darüber zu erklären; demnächst wird zur Er- 
hebung der anderweiten Beweismittel geschritten. 
Sodann wird dem Berichterstatter zur Aeußerung über die Resultate der Vernehmungen 
und die Anwendung des Gesetzes und zuletzt dem Beschuldigten und seinem Verteidiger 
das Wort gestattet. . « 
Das Urteil wird bei sofortiger nicht öffentlicher Beratung des Gerichts nach Stimmen— 
mehrheit gesaht und unmittelbar darauf dem Beschuldigten verkündigt. 
4. Das Gericht erkennt auf die gesetzliche Strafe, oder auf Freisprechung, oder Ver- 
weisung an den ordentlichen Richter. 
Der Freigesprochene wird sofort der Haft entlassen. Die Verweisung an den ordent- 
lichen Richter findet statt, wenn das Kriegsgericht sich nicht für kompetent erachtet; es 
erläßt in diesem Falle über die Fortdauer oder Aufhebung der Haft im Urteile zugleich 
besondere Verfügung. 
5. Das Urteil, welches den Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, die sum- 
marische Erklärung des Beschuldigten über die ihm vorgehaltene Beschuldigung, die Er- 
wähnung der Beweisaufnahme und die Entscheidung über die Tatfrage und den Rechts- 
punkt, sowie das Gesetz, auf welches das Urteil begründet ist, enthalten muß, wird von 
den sämtlichen Richtern und dem Gerichtsschreiber unterzeichnet. 
6. Gegen die Urteile der Kriegsgerichte findet kein Rechtsmittel statt. Die auf Todes- 
strafe lautenden Erkenntnisse unterliegen jedoch der Bestätigung des in § 7 bezeichneten 
Militärbefehlshabers, und zwar in Friedenszeiten der Bestätigung des kommandierenden 
Generals der Provinz. 
7. Alle Strafen, mit Ausnahme der Todesstrafe, werden binnen 24 Stunden nach der 
Verkündigung des Erkenntnisses, Todesstrafen binnen gleicher Frist nach Bekanntmachung 
der erfolgten Bestätigung an den Angeschuldigten zum Vollzug gebracht. 
8. Die Todesstrafe wird durch Erschießen vollstreckt. Sind Erkenntnisse, welche auf 
Todesstrafe lauten, bei Aufhebung des Belagerungszustandes noch nicht vollzogen, so wird 
diese Strafe von den ordentlichen Gerichten in diejenige Strafe umgewandelt, welche, 
abgesehen von dem Belagerungszustande, die gesetzliche Folge der von dem Kriegsgericht 
als erwiesen angenommenen Tat gewesen sein würde. 
8 14. 
Die Wirksamkeit der Kriegsgerichte hört mit der Beendigung des Belagerungs- 
zustandes auf. [15 
Nach aufgehobenem Belagerungszustande werden alle vom Kriegsgericht erlassenen 
Urteile samt Belagstücken und dazu gehörenden Verhandlungen, sowie die noch schwebenden 
Untersuchungssachen an die ordentlichen Gerichte abgegeben; diese haben in den von dem 
Kriegsgerichte noch nicht abgeurteilten Sachen nach den ordentlichen Strafgesetzen und nur 
in den Fällen des § 9 nach den in diesem getroffenen Strafbestimmungen zu erkennen. 
8 169. 
Auch wenn der Belagerungszustand nicht erklärt ist, können im Falle des Krieges 
oder Aufruhrs, bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Art. 5, 6, 27, 28, 
29, 30 und 36 der Verfassungsurkunde oder einzelne derselben vom Staatsministerium 
zeit- und distriktweise außer Kraft gesetzt werden. 
§ 17. 
Ueber die Erklärung des Belagerungszustandes, sowie über jede, sei es neben derselben 
(§ 5) oder in dem Falle des § 16 erfolgte Suspension auch nur eines der §§ 5 und 16 
genannten Artikel der Verfassungsurkunde, muß den Kammern sofort, beziehungsweise 
bei ihrem nächsten Zusammentreten, Rechenschaft gegeben werden. 
8 18. 
Alle diesem Gesetze entgegenstehenden Vorschriften werden aufgehoben. 
Das gegenwärtige Gesetz tritt an die Stelle der Verordnung von 10. Mai 1849 und der 
Deklaration vom 4. Juli 1849. (Gesetzsammlung S. 165 und 250). 
1) Findet in Württemberg keine Anwendung.
	        
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