Luftangriffe.
Luftangriffe
an
Schwenningen.
Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos für Fälle drohender Luftangriffe auf Stuttgart
(Groß-Stuttgart) und Feuerbach.
(Staatsanzeiger vom 12. September 1916 Nr. 213 S. 1647.)
I. Jedermann muß über nachstehende 3 Zeichen Bescheid wissen:
Weiße Flaggen an den Straßenbahnwagen bei Tage, Erlöschen der
Straßenbeleuchtung bei Nacht bedeutet
„Fliegerbereitschaft“;
Sirenen und Kanonenschläge bedeuten bei Tag und bei Nacht
„Fliegerdeckung“;
Aufflammen der Straßenbeleuchtung bedeutet bei Tag und bei
Nacht nach „Fliegerbereitschaft“ oder „Fliegerdeckung“
„Gefahr vorüber“.
1. Sobald nach einlaufenden Meldungen mit der Annäherung feindlicher Flugzeuge an Stutt-
gart als bevorstehend gerechnet werden muß, wird — wenn noch Zeit vorhanden — das Zeichen
„Fliegerbereitschaft“ gegeben, d. h. es erscheinen bei Tage weiße Fahnen an den Straßenbahn-
wagen, bei Dunkelheit erlischt die Straßenbeleuchtung. Dieses Zeichen bereitet auf die drohende
Gefahr erst vor und bedeutet noch keine unmittelbare Gefahr. Sobald „Fliegerbereitschaft“ ge-
geben ist, müssen bei Tag (d. h. eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnen-
untergang) alle nach der Straße führenden Hauptzugänge geöffnet sein. Schutzsuchenden Personen
ist Einlaß zu gewähren. Größere Versammlungen von Personen auf öffentlichen Plätzen,
Straßen usw. haben sofort auseinanderzugehen; der Aufforderung der Polizeibehörde hierzu ist
Folge zu leisten. Personen, deren Anwesenheit im Hauptbahnhof nicht durchaus notwendig ist,
tun gut, denselben jetzt zu verlassen. Im übrigen nimmt der Verkehr seinen Fortgang.
2. Sobald durch Annäherung der Flieger an Stuttgart unmittelbare Gefahr eintritt, ertönen
als Zeichen „Fliegerdeckung“ 2 Minuten lang die Sirenen, zugleich werden Kanonenschläge los-
gebrannt. Jetzt ist es für Jedermann Zeit, Deckung aufzusuchen. Alle ins Freie wirkenden Lichter
und Lichtquellen müssen spätestens jetzt gelöscht oder voll abgeblendet werden. Der ganze Verkehr
von Straßenbahnen, Kraftfahrzeugen, Fuhrwerken und Fahrrädern jeder Art hört auf. Die Be-
leuchtung der Fahrzeuge ist zu löschen.
3. Ist „Gefahr vorüber“, so werden „Fliegerbereitschaft“ und „Fliegerdeckung“" durch das Zeichen
Aufflammen der Straßenbeleuchtung bei Nacht und bei Tag aufgehoben. (Bei Tag hält die
Straßenbeleuchtung nur 20 Minuten an). Der gesamte Verkehr wird wieder aufgenommen.
II. Das Zusammenlaufen von Menschen an Stellen, an welchen Bomben abgeworfen werden,
ist verboten. Nicht geplatzte Bomben oder Sprengstücke der Abwehrgeschosse dürfen nicht berührt,
noch weniger gesammelt werden. Wird ein blind gegangenes Geschoß entdeckt, so ist jedermann
verpflichtet, von der Fundstätte alsbald der Polizeibehörde Anzeige zu machen.
III. Es ist verboten, Nachrichten über den Verlauf des feindlichen Luftangriffs und den dabei
verursachten Schaden ohne Genehmigung des stellv. Generalkommandos zu verbreiten.
IV. Wer den Anordnungen 1, 1 betreffend Oeffnen der Haustüren, Aufnahme von Schutz-
suchenden oder den Anordnungen der Polizei betreffend Auseinandergehen von Personen: An-
sammlungen oder den Anordnungen 1, 2 betreffend Löschen der Lichter oder Anhalten von Kraft-
fahrzeugen, Fuhrwerken oder Fahrrädern oder den Anordnungen II oder III zuwiderhandelt,
wird, wenn nach den bestehenden Gesetzen keine höhere Strafe verwirkt ist, nach § 9b des
preußischen Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 in Verbindung mit Art. 68
der Reichsverfassung und dem Reichsgesetz vom 11. Dezember 1915 mit Gefängnis bis zu
1 Jahr bestraft. Beim Vorliegen mildernder Umstände kann auf Haft oder auf Geldstrafe bis zu
1500 Mark erkannt werden. «
V. Diese Bekanntmachung tritt für Stuttgart (Groß-Stuttgart) und Feuerbach an Stelle der
Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos „Für den Fall eines drohenden oder erfolgenden
feindlichen Angriffs aus der Luft“ vom 6. Juni 1916 und am 13. September 1916 12 Uhr mittags
in Kraft.
Stuttgart, den 9. September 1916.
v. Schaefer.
Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos XIII. (K. W.) Armeekorps für Fälle
drohender Luftangriffe auf Schwenningen.
(Staatsanz. vom 27. September 1916 Nr. 226 S. 1765.)
Die Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos für den Fall eines drohenden
oder erfolgenden Angriffs aus der Luft vom 6. Juni 1916, Staatsanz. vom 10. August
1916 Nr. 185 (für Stuttgart und Feuerbach abgeändert durch Bekanntmachung des stellv.
Generalkommandos vom 9. September 1916, Staatsanz. vom 12. September 1916
Nr. 213), gilt vom 27. September 1916 ab auch für die Stadtgemeinde
Schwenningen.
Stuttgart, den 23. September 1916.
v. Schaefer.