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Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos für Fälle drohender Luftangriffe auf Stuttgart
(Groß-Stuttgart) und Feuerbach.
(Staatsanz. vom 26. Oktober 1916 Nr. 250 S. 1971.)
Nachdem sich die Notwendigkeit ergeben hat, für „Gefahr vorüber“ nach vorgängiger „Flieger-
deckung“ ein neues Zeichen einzuführen, wird die Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos
vom 9. Sept. 1916 mit Wirkung vom 26. Oktober 1916 12 Uhr mittags dahin abgeändert:
J.
Jedermann muß über nachstehende drei Zeichen Bescheid wissen:
Weiße Flaggen an den Straßenbahnwagen bei Tage, Erlöschen der Straßenbeleuchtung bei
Nacht bedeuten „Fliegerbereitschaft“; Sirenen und Kanonenschläge bedeuten bei Tag und bei
Nacht „Fliegerdeckung“;
Glockengeläute bedeutet nach vorgängiger „Fliegerdeckung“ bei Tag und bei Nacht „Gefahr
vorüber“. Wird nach „Fliegerbereitschaft“ „Gefahr vorüber“ ausgegeben, ohne daß es vorher
zur „Fliegerdeckung“ gekommen wäre, so verschwinden bei Tage die weißen Flaggen von den
Straßenbahnwagen, bei Nacht flammt die Straßenbeleuchtung wieder auf. Hierzu wird im
einzelnen bestimmt:
1. Sobald nach einlaufenden Meldungen mit der Annäherung feindlicher Flugzeuge an Stukk-
gart als bevorstehend gerechnet werden muß, wird — wenn noch Zeit vorhanden — das Zeichen
„Fliegerbereitschaft“ gegeben, d. h. es erscheinen bei Tage weiße Fahnen an den Straßenbahn-
wagen, bei Dunkelheit erlischt die Straßenbeleuchtung. Dieses Zeichen bereitet auf die drohende
Gefahr erst vor und bedeutet noch keine unmittelbare Gefahr. Sobald „Fliegerbereitschaft“
gegeben ist, müssen bei Tag (d. h. eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnen-
untergang) alle nach der Straße führenden Hauszugänge geöffnet sein. Schutzsuchenden Personen
ist Einlaß zu gewähren. Größere Versammlungen von Personen auf öffentlichen Plätzen, Straßen
usw. haben sofort auseinanderzugehen; der Aufforderung der Polizeibehörde hiezu ist Folge zu
leisten. Personen, deren Anwesenheit im Hauptbahnhof nicht durchaus notwendig ist, tun gut,
denselben jetzt zu verlassen. Im übrigen nimmt der Straßenverkehr seinen Fortgang.
2. Sobald durch Annäherung der Flieger an Stuttgart unmittelbare Gefahr eintritt, ertönen
als Zeichen „Fliegerdeckung“ zwei Minuten lang die Sirenen, zugleich werden Kanonenschläge
losgebrannt. Jetzt ist es für jedermann Zeit, Deckung aufzusuchen. Alle ins Freie wirkenden
Lichter und Lichtquellen müssen spätestens jetzt gelöscht oder voll abgeblendet werden. Der ganze
Verkehr von Straßenbahnen, Kraftfahrzeugen, Fuhrwerken und Fahrrädern jeder Art hört auf.
Die Beleuchtung der Fahrzeuge ist zu löschen.
3. Ist „Gefahr vorüber“", so werden nach bekanntgegebener „Fliegerdeckung“ bei Tag und bei
Nacht die Glocken von Stuttgart (Groß-Stuttgart) und Feuerbach 7 Minuten lang geläutet.
Im übrigen ist das Läuten der Kirchenglocken vom Eintritt der „Fliegerbereitschaft“ oder „Flieger-
deckung“ bis zur Ausgabe des Zeichens „Gefahr vorüber“ verboten. Wird „Fliegerbereitschaft“
durch „Gefahr vorüber“ wieder aufgehoben, ohne daß es zur „Fliegerdeckung“ gekommen wäre,
so verschwinden bei Tage die weißen Fahnen von den Straßenbahnwagen, bei Nacht flammt die
gesamte Straßenbeleuchtung wieder auf. Darauf wird der ganze Verkehr wieder aufgenommen.
II.
Das Zusammenlaufen von Menschen an Stellen, an welchen Bomben abgeworfen worden sind,
ist verboten. Nicht geplatzte Bomben oder Sprengstücke der Abwehrgeschosse dürfen nicht berührt,
noch weniger gesammelt werden. Wird ein blindgegangenes Geschoß entdeckt, so ist jedermann
verpflichtet, von der Fundstätte alsbald der Polizeibehörde Anzeige zu machen. «
111.
Es ist verboten, Nachrichten über den Verlauf des feindlichen Luftangriffs und den dabei ver—
ursachten Schaden ohne Genehmigung des stellv. Generalkommandos zu verbreiten.
IV.
Wer den Bestimmungen I, 1 betreffend Oeffnen der Haustüren, Aufnahme von Schutz-
suchenden oder den Anordnungen der Polizei betreffend Auseinandergehen von Personen-An-
sammlungen oder den Bestimmungen I, 2 betreffend Löschen der Lichter oder Anhalten von
Kraftfahrzeugen, Fuhrwerken oder Fahrrädern oder dem Verbot 1, 3 betreffend das Läuten
der Kirchenglocken oder den Bestimmungen II oder III zuwiderhandelt, wird, wenn nach den
bestehenden Gesetzen keine höhere Strafe verwirkt ist, nach § 9b des preußischen Gesetzes über
den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 in Verbindung mit Art. 68 der Reichsverfassung
und dem Reichsgesetz vom 11. Dezember 1915 mit Gefängnis bis zu 1 Jahr bestraft. Beim Vor-
liegen mildernder Umstände kann auf Haft oder auf Geldstrafe bis zu 1500 MA erkannt werden.
Stuttgart, den 24. Oktober 1916.
Der stellv. kommandierende General:
v. Schaefer.
Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos XIII. (K. W.) Armeekorps.
(Staatsanz. vom 6. Februar 1917 Nr. 30 S. 221.)
Nachdem für das ganze Reichsgebiet die Stichworte „Luftgefahr“ und „Fliegeralarm“ als ein-
heitliche Bezeichnungen der beiden Alarmierungsgrade bei drohenden Luftangriffen eingeführt
worden sind, wird dementsprechend die Bekanntmachung des stellv. Generalkommandos für Fälle
drohender Luftangriffe auf Stuttgart (Groß-Stuttgart) und Feuerbach vom 25. Oktober 1916 dahin
abgeändert, daß an Stelle der bisherigen Bezeichnung
Luftangriffe.
Lustangriffe.