Full text: Handbuch der während des Krieges ergangenen Verordnungen des stellv. Generalkommandos XIII. (Königl. Württ.) Armeekorps mit Einschluß nicht veröffentlichter Erlasse.

Werden Kriegsgefangene auf Arbeitskommando mit anderen als denjenigen Arbeiten, 
zu denen sie gestellt sind, beschäftigt, so richtet sich ihr Verdienstanteil selbstverständlich 
jedesmal nach der allgemeinen Vergütung, die für diese Arbeiten zu bezahlen ist. Arbeiten 
sie für die Heeresverwaltung, z. B. am Instandsetzen von Bekleidungsstücken, so erhalten 
sie eine Abfindung in Höhe des durchschnittlichen Verdienstanteils der übrigen Kriegs— 
gefangenen desselben Arbeitskommandos. 
Da die Kriegsgefangenenarbeit nach den für die einzelnen Betriebe bestehenden Grund— 
sätzen bezahlt wird, muß sie sich den Betrieben auch voll anpassen. Die Kriegsgefangenen 
haben also die gleichen Arbeitszeiten wie die freien Arbeiter einzuhalten, ebenso Sonn— 
tagsarbeit, Ueberstunden und Ueberschichten zu leisten, wenn freie Arbeiter hiezu heran— 
gezogen werden. Eine besondere Vergütung hiefür ist nur dann zulässig, wenn auch 
freie Arbeiter sie erhalten. Ueberhaupt gilt die in einem Betriebe vorhandene Arbeits— 
ordnung auch für die Kriegsgefangenen. Irgendwelche Abweichungen zugunsten der 
Kriegsgefangenen würden keinem deutschen Arbeiter verständlich sein. Für strengste Be— 
achtung dieser Grundsätze bleibt das Bewachungspersonal ebenso verantwortlich wie für 
die Verhütung der Flucht. 
Dem Arbeitgeber kann auf Antrag gestattet werden, zur Aufrechterhaltung der Ordnung 
in den Betrieben gleiche Ordnungsstrafen in Geld, wie sie für freie Arbeiter nach 
den bestehenden Arbeitsordnungen zulässig sind, auch gegen die Kriegsgefangenen fest— 
zusetzen und in die Lohnlisten zur Bestätigung durch die Lagerkommandanten auf— 
zunehmen. Die Beträge fließen den Wohlfahrtskassen der Stammlager zu und sind 
aus dem Verdienstanteil der Kriegsgefangenen zu decken, weshalb von dem Strafbetrag 
auch nur der Prozentsatz eingezogen werden darf, nach dem der Verdienstanteil bemessen 
wird. Gegen Lässigkeit, Unlust und Arbeitsverweigerung ist von den Lagerkommandanten 
mit geeigneten Strafmitteln einzuschreiten. · 
9. Die Arbeitsgeräte sind von dem Arbeitgeber zu stellen, ebenso die für besondere 
Arbeiten notwendige Ausrüstung. Bei Arbeiten, die eine besondere Berufskleidung 
notwendig machen, können die Kosten für diese in Teilbeträgen als Amortisationsquote 
dem Arbeitgeber zurückvergütet werden. Der tägliche Höchstbetrag soll aber nicht mehr 
als 30 Pfg. betragen. Nach Tilgung des verauslagten Betrags geht die Arbeitskleidung 
in das Eigentum der Heeresverwaltung über und darf den Kriegsgefangenen nach guten 
Arbeitsleistungen, als besondere Abfindung in dieser Form, bei ihrer Entlassung aus- 
gehändigt werden. Geeignete Kontrolle ist seitens der Lager auszuüben. 
10. Die Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung finden auf die Kriegsgefangenen 
keine Anwendung. 
11. Die Kriegsgefangenen müssen so beschäftigt werden, daß eine genügende ständige 
Bewachung gewährleistet ist. Vielfach wird sich ein Zusammenarbeiten Kriegsgefangener 
mit einheimischen Arbeitern nicht vermeiden lassen. Wenn sich freie Arbeiter dagegen 
sträuben sollten, so dürfte ein Hinweis darauf genügen, daß es keine Unehre ist, Kriegs- 
gefangener zu sein, und daß ihr Verhalten die vaterländische Volkswirtschaft schädige. 
Das Zusammenarbeiten freier Arbeiter und Kriegsgefangener wird es auch ermöglichen, 
erstere bei hinreichender Zuverlässigkeit als Hilfsbewachungsleute aufzustellen (s. oben 
Ziff. 3 Abs. 2 und 7). 
Der Arbeitgeber hat Ankunft und Abgang der Gefangenen dem Ortsvorsteher anzu- 
zeigen und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln ein Entweichen derselben zu 
verhindern. 
Der Ortsvorsteher und die Polizeibediensteten haben auch ihrerseits dafür Sorge zu 
tragen, daß ein Entweichen der Kriegsgefangenen unbedingt verhindert wird. Sollte 
ein Kriegsgefangener entweichen, so sind nicht nur die nächstgelegenen Polizeibehörden 
und Landjägerstellen, sondern auch die militärische Zentralpolizei in Stuttgart telephonisch 
oder telegraphisch in Kenntnis zu setzen (letzteres besonders wichtig), desgleichen das Ge- 
fangenenlager, das den Gefangenen gestellt hat. Die Mitteilung soll den Namen und 
die Personenbeschreibung des Entwichenen, ferner Angaben über seine Sprachkenntnisse 
und seinen Geldbesitz enthalten. 
12. Da die Kriegsgefangenen keine Briefe und sonstigen Sendungen zur Post geben 
dürfen (s. oben Ziff. 3 Abs. 4), hat der Ortsvorsteher die nächstgelegenen Postanstalten 
von der Anwesenheit der Kriegsgefangenen zu verständigen. Die Briefe und sonstigen 
Sendungen der Kriegsgefangenen sind dem Gefangenenlager, das sie gestellt hat, zur 
Prüfung mitzuteilen; dasselbe gilt von Briefen oder sonstigen Sendungen, die etwa 
für die Kriegsgefangenen ankommen sollten. 
13. Für die ärztliche Versorgung der Kriegsgefangenen, wie sie freien Arbei- 
tern durch die Krankenkassen gewährt wird, hat der Arbeitgeber aufzukommen; erst wenn 
Ueberführung in ein Kriegsgefangenenlazarett oder, falls längerer Transport nicht rat-
	        
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