Full text: Bürgerkunde.

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104 Das Strafverfahren 
für seine Täterschaft gegen ihn vor, so beantragt die Staatsanwalt— 
schaft beim Amtsgericht gegen ihn die Erlassung eines Haft— 
befehls“. Nötigenfalls darf übrigens der Beschuldigte auch schon 
vor Erlassung eines gerichtlichen Haftbefehls durch die Staatsanwalt- 
schaft oder die Polizei= und Sicherheitsbeamten vorläufig 
festgenommen werden; er ist dem Amtsgericht zuzuführen und 
unverzüglich, spätestens aber am Tage nach der Einlieferung, durch 
den Richter zu vernehmen, der über seine Verhaftung oder 
Freilassung Beschluß faßt. Auf Grund des Haftbefehls kann gegen 
einen flüchtigen Beschuldigten ein Steckbrief, d. h. eine öffent- 
liche Aufforderung zur Festnahme, erlassen werden. 
Gegenstände, die für die Untersuchung von Bedeutung sein 
können, dürfen beschlagnahmt werden; das gilt auch von den 
an den Beschuldigten gerichteten Briefen, sonstigen Postsendungen 
und Telegrammen auf der Post= oder Telegraphenanstalt. Zum 
Zwecke der Auffindung von Beweismitteln oder der Ergreifung des 
Beschuldigten können ferner auch Haussuchungen vorgenom- 
men werden; doch gibt das Gesetz hierfür zum Schutz gegen unge- 
rechtfertigte Belästigungen eingehende Vorschriften. Insbesondere 
dürfen Haussuchungen zur Nachtzeit nur in bestimmten Ausnahme- 
fällen stattfinden, es müssen, falls nicht der Richter oder Staatsan- 
* Ein Haftbefehl kann auch wegen Verdunkelungsgefahr 
(sog. Kollusionsgefahr) erlassen werden, wenn bestimmte Anhaltspunkte 
dafür vorliegen, daß der Beschuldigte Spuren der Tat vernichten oder 
Zeugen oder Mitschuldige zu falschen Angaben verleiten werde. # 
Ergibt die fernere Untersuchung, daß ein Verhafteter unschuldig war 
oder doch, daß ernstliche Verdachtsgründe gegen ihn nicht mehr bestehen, so 
kann er Entschädigung für die erlittene Untersuchungs- 
haft aus der Staatskasse verlangen. Ob ein solcher Entschädigungs- 
anspruch besteht, hat das Gericht gleichzeitig mit dem freisprechenden 
Urteil durch besonderen Beschluß festzustellen, der indessen erst bekannt 
gemacht wird, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Ueber die Höhe der zu 
zahlenden Entschädigung entscheidet auf Antrag (vorbehaltlich der Berufung 
auf den Rechtsweg) das Staatsministerium der Justis. 
Ein nur wegen Fluchtverdachts Verhafteter kann nach Ermessen des 
Gerichts gegen Sicherheitsleistung zunächst mit der Untersuchungs- 
haft verschont werden. Diese Sicherheitsleistung ist durch Hinterlegung in 
barem Gelde oder in Wertpapieren oder durch Pfandbestellung oder mittels 
Bürgschaft geeigneter Personen zu bewirken. Sie wird regelmäßig so hoch 
bemessen, daß man annehmen kann, der Beschuldigte werde mit Rücksicht auf 
sie einen etwa beabsichtigten Fluchtversuch unterlassen; denn die Sicherheit 
verfällt der Staatskasse, sobald der Beschuldigte sich der Untersuchung oder 
dem Antritt der erkannten Freiheitsstrafe entzieht. 
* Ein auf frischer Tat Betroffener kann übrigens, wenn er der Flucht 
verdächtig ist oder seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann, 
nicht nur von Polizeibeamten usw., sondern von jedermann vorläufig fest- 
genommen werden.
	        
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