Das Hauptverfahren 105
walt zugegen ist, ein Gemeindebeamter oder zwei Gemeindemitglie—
der beigezogen werden, und die Durchsicht von Papieren steht, falls
der Inhaber widerspricht, nur dem Richter zu, dem sie in diesem Falle
versiegelt vorzulegen sind.
Bedarf ein Fall wegen seiner Schwierigkeit oder Bedeutung
einer eingehenderen Untersuchung, so beantragt die Staatsanwalt—
schaft bei dem an jedem Landgericht angestellten Untersuchungsrichter
die Eröffnung einer förmlichen gerichtlichen Vorunter-
suchung.y
Findet nach Abschluß der nötigen Ermittelungen die Staatsan-
waltschaft keinen Anlaß zur weiteren Verfolgung, so stellt sie das Ver-
fahren ein oder sie beantragt (falls eine Voruntersuchung stattgefun-
den hat) beim Gericht, den Angeschuldigten außer Verfolgung zu
setzen. Ist dagegen eine weitere Verfolgung geboten, so reicht
sie bei dem zuständigen Gerichts eine Anklageschrift
ein mit dem Antrage, das gerichtliche Hauptverfahren zu eröff-
nen. Das Gericht gibt diesem Antrage mittels eines Beschlusses
statt, wenn ihm der Angeschuldigte der Tat „hinreichend verdächtig“
erscheint, und zwar eröffnet das Amtsgericht in diesem Fall stets das
Hauptverfahren vor dem Schöffengericht, während das Landgericht
entweder die Sache zur Verhandlung dem Schöffengericht überweist
(s. Nr. 298) oder das Verfahren vor der Strafkammer oder dem
Schwurgericht eröffnet. In den beiden letzteren Fällen muß vor Er-
öffnung des Hauptverfahrens dem Angeschuldigten die Anklageschrift
mitgeteilt und ihm eine Frist zur Stellung etwaiger Anträge gegeben
werden. Zugleich wird dem Angeschuldigten, der noch keinen Vertei-
diger hat, in schweren Fällen vom Gericht ein solcher bestellt.
3. Das Hauptverfahren.
Ist das Hauptverfahren eröffnet, so setzt der Vorsitzende den
Termin zur mündlichen Hauptverhandlung fest. Glaubt er, daß
noch weitere Zeugen und Sachverständige zur Hauptverhandlung
nötig sind, als der Staatsanwalt vorladen will, so ordnet er deren
Vorladung an. Auch der Angeklagte kann die Anordnung der
Ladung von Zeugen und Sachverständigen bei dem Vorsitzenden
beantragen, und falls dem Antrag nicht stattgegeben wird, sie selbst
durch einen Gerichtsvollzieher vorladen lassen.
Auch ein Amtsrichter des Bezirks kann mit der Voruntersuchung
betraut werden. In Schwurgerichtssachen muß stets eine Voruntersuchung
stattfinden.
* Das angegangene Gericht muß nicht nur sachlich, d. h. für Straf-
sachen der vorliegenden Art, sondern auch örtlich zuständig sein.
Oertlich zuständig aber ist in erster Linic das Gericht, in dessen Bezirk die
begangen wurde, und dasjenige, in dessen Bezirk der Angeschuldigte
wohnt.
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