Full text: Bürgerkunde.

Die Rechtsmittel und die Wiederaufnahme des Verfahrens 111 
fochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers ein- 
gelegt werden. Die Revision muß außerdem innerhalb bestimmter 
Frist zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich durch einen 
Rechtsanwalt begründet werden. Gegen eine Versäumung dieser 
verschiedenen Fristen kann vom Gericht nur dann Nachsicht (soge- 
nannte „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“) 
erteilt werden, wenn die Versäumnis durch unabwendbare Zufälle 
(3. B. schwere Krankheit) verursacht war. 
Ist ein Urteil rechtskräftig geworden, so kann nur unter be- 
timmten Voraussetzungen eine Wiederaufnahme des Ver- 
fahrens und erneute Verhandlung der Sache stattfinden, und zwar 
insbesondere dann, wenn das Urteil sich auf eine Urkunde stützt, deren 
Unechtheit sich nachträglich herausstellt, oder auf ein eidliches Zeugnis, 
das sich nachträglich als vorsätzlich oder fahrlässig falsch abgegeben 
erweist, oder wenn neue Tatsachen oder Beweismittel aufgefunden 
werden, welche zugunsten des verurteilten Angeklagten sprechen, 
oder endlich, wenn der freigesprochene Angeklagte nachträglich vor 
Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt 
hat. Erfolgt im Wiederaufnahmeverfahren die Freisprechung des 
vorher verurteilten Angeklagten und wird zugleich dargetan, daß er 
unschuldig war oder daß wenigstens ein ernstlicher Verdacht gegen 
ihn nicht mehr vorliegt, so erhält er für die etwo bereits verbüßte 
Strafe auf Verlangen eine Entschädigung aus der Staatskasse. Das 
Verfahren entspricht dem bei Nr. 301, Anm. 5, Abs. 2 dargestellten. 
6. Die Strafvollstreckung. 
Die Vollstreckung der rechtskräftig erkannten Strafen liegt der 
Staatsanwaltschaft ob; nur der Vollzug der vom Schöffengericht er- 
kannten Strafen ist in Bayern und den meisten anderen deutschen 
Staaten dem Amtsrichter übertragen. Die Strafvollzugsbehörde 
kann auf Antrag aus wichtigen Gründen Strafaufschub 
bewilligen. Sie ist ferner befugt, gegen einen Verurteilten, der sich 
auf Ladung nicht zum Strafvollzug stellt oder fluchtverdächtig ist, 
einen Haftbefehl und im Falle der Flucht auch einen Steckbrief 
(s. Nr. 301) zu erlassen. 
4 Das Recht der Begnadigung, d. h. die Befugnis, rechts- 
kräftig erkannte Strafen gnadenweise zu erlassen, zu ermäßigen oder 
Amnestie nennt man die gleichzeitige Begnadigung ganzer 
Klassen von Verurteilten, wie sie z. B. bei Thronbesteigungen zuweilen aus- 
gesprochen wird. 
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