Vom Erbrecht 171
Nottestament (auch Dorftestament genannt) errichten. Auf
gleiche Weise oder vor drei Zeugen kann ein Testament errichtet
werden von Personen, die sich an einem durch eine Krank—
heitsepidemie, Ueberschwemmung oder dergleichen abgesperrten Orte
aufhalten (sog. Absperrungstestament). Ferner kann auf
einer Seereise an Bord eines deutschen Schiffes vor drei Zeugen ein
sog. Seetestament errichtet werden. Alle diese Testamente haben
nur Gültigkeit, wenn der Erblasser stirbt, ehe drei Monate vom Weg-
fall der Hinderungsgründe ab verflossen sind. Besondere Vorschriften
bestehen endlich für die Testamente der im Felde befindlichen
Militärpersonen und von Angehörigen der Marine.
4. Aufhebung eines Testaments.
Da ein Testament den letzten Willen des Erblassers darstellen
soll, kann es von ihm bis zu seinem Tode jederzeit widerrufen wer-
den. Dieser Widerruf kann entweder in einem anderen Testa-
mente ausdrücklich erfolgen oder stillschweigend durch Zu-
rücknahme des öffentlich errichteten Testaments aus der amtlichen
Verwahrung oder durch absichtliche Vernichtung des eigenhändigen
Testaments oder endlich durch Errichtung eines mit dem Inhalte des
früheren Testaments sachlich nicht vereinbaren neuen Testaments.
5. Ablieferung und Eröffnung der Testamente.
Die Nachlaßgerichte, d. h. die Amtsgerichte, erhalten durch die
Standesämter Kenntnis von den Todesfällen. Sie haben dann dafür
zu sorgen, daß die Testamente, die der Verstorbene etwa hinterließ,
eröffnet, d. h. daß ihr Inhalt zur Kenntnis der Beteiligten gebracht
wird. Sie haben die Eröffnung in Bayern in der Regel selbst vor-
zunehmen; befindet sich jedoch das Testament verschlossen in der amt-
lichen Verwahrung eines bayerischen Notars und hat dieser seinen
Amtssitz an einem anderen Ort als das Nachlaßgericht, so hat der
Notar die Eröffnung vorzunehmen.
Wer ein Testament in Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich,
nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erhalten hat, an
das Nachlaßgericht abzuliefern. Besteht Verdacht, daß jemand ein
Testament verheimlicht, so kann er von dem Gericht zur Leistung des
Offenbarungseides angehalten werden.
6. Erbverträge und Erbverzichte. Gemeinschaftliche Testamente.
Ein Erblasser kann auch über seine künftige Beerbung mit einem
andern einen Vertrag (Erbvertrag) schließen, durch welchen er den
anderen Teil oder einen Dritten als Erben einsetzt oder Vermächt-
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