Zuständigkeit der Gerichte. Die Gerichtspersonen 193
Kosten u. dgl.) nicht mitzählen; ferner (ohne Rücksicht auf den Streit—
wert) für Streitigkeiten wegen Viehmängeln und für solche aus
Miet- und Dienstverhältnissen u. dgl., da diese Prozesse einer raschen
Erledigung bedürfen; endlich für das Entmündigungsverfahren (sK.
Nr. 622) und das Aufgebotsverfahren (s. Nr. 620).
b. Die Landgerichte.
Bei ihnen sind zur Verhandlung und Entscheidung der Zivilpro-
zesse Zivilkammern gebildet, welche jeweils aus drei Richtern
einschließlich des Vorsitzenden bestehen. Sie sind in erster Instanz
sachlich zuständig für alle nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte
gehörigen Sachen, also insbesondere für Rechtsstreitigkeiten über Be-
träge von mehr als 300 M., ferner für Klagen auf Ehescheidung oder
auf Wiederherstellung des ehelichen Lebens u. dgl. Sodann haben die
Landgerichte als zweite Instanz über die Berufungen und Be-
schwerden gegen die Urteile und Beschlüsse der Amtsgerichte zu
urteilen.
Zur Entscheidung handelsrechtlicher Streitigkeiten sind in grö-
zeren Städten bei den Landgerichten neben den Zivilkammern
Kammern für Handelssachen gebildet, bestehend aus
einem Mitgliede des Landgerichts als Vorsitzenden und zwei nicht
rechtskundigen Beisitzern aus dem Handelsstand (Handelsrich-
tern), welche auf Vorschlag der Handelskammern (s. Nr. 1233)
durch den König jeweils auf die Dauer von drei Jahren ernannt
werden. Das wichtige Amt der Handelsrichter ist ein Ehrenamt.=
c. Die Oberlandesgerichte.
Diese haben in ihren mit fünf Mitgliedern besetzten Zivil-
senaten ausschließlich über die Berufungen und Beschwerden gegen
die erstinstanzlichen Urteile und die Beschlüsse der Landgerichte zu
entscheiden.
d. Das Reichsgericht,
welches dazu berufen ist, die Einheit der Rechtsprechung im ganzen
Reiche aufrechtzuerhalten, entscheidet in seinen mit je sieben Mit-
* Kammern für Handelssachen können nach Bedürfnis auch außerhalb
des Landgerichtssitzes bei einem Amtsgericht errichtet werden; bei diesen
sog. detachierten Kammern für Handelssachen führt in
der Regel ein Amtsrichter den Vorsitz. In Bahern hat man hiervon nur in
einem Falle, für den Bezirk des Amtsgerichts Ludwigshafen a. Rh., Ge-
brauch gemacht.
Das Oberlandesgericht zu Berlin führt noch von altersher die Be-
zeichnung „dammergericht".
Glock-Schiedermair, Bürgerkunde. 13
572
573
574
575