Die Prozeßparteien 197
besitzer, deren Grundstücke aus dem gleichen Anlasse von der Zwangs-
enteignung betroffen werden, gemeinsam den Fiskus wegen der Ent-
schädigung verklagen, oder daß ein Gläubiger seinen Hauptschuldner
und dessen Bürgen in derselben Klage belangt. Solche gemeinsame
Kläger oder gemeinsame Beklagte sind einander Genossen im Streit,
weshalb sie Streitgenossen genannt werden.
2. Die Prozeßvollmacht.
Im Verfahren vor den Amtsgerichten kann jede prozeßfähige
Partei ihre Rechte selbst wahrnehmen; im Verfahren vor den Land-
gerichten dagegen und vor den übrigen höheren Gerichten herrscht der
sog. Anwaltszwang, d. h. jede Partei muß durch einen beim
Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten sein.
Jeder solche Prozeßbevollmächtigte gilt für den Gegner und für
das Gericht als zu jeder beliebigen Prozeßhandlung befugt, mag auch
sein Auftraggeber ihm bestimmte einschränkende Weisungen erteilt
haben; doch kann die vollmachtgebende Partei in der von ihr auszu-
stellenden schriftlichen Prozeßvollmacht bestimmen, daß der Bevoll-
mächtigte nicht berechtigt sein solle, den Rechtsstreit ganz oder teil-
weise durch Vergleich oder durch Verzicht auf den Klaganspruch
oder durch Anerkennung des Klaganspruchs zu erledigen. Eine
solche Einschränkung der Vollmacht gilt also auch gegenüber dem Ge-
richt und dem Gegner.
* Es kann aber jemand sich an einem zwischen anderen Personen an-
hängigen Rechtsstreit auch beteiligen, ohne selbst Partei zu werden. Wer
nämlich ein rechtliches Interesse daran hat, daß in einem anhängigen
Prozesse die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Un-
terstützung als sogenannter Nebenintervenient beitreten. Dieser
Beitritt wird in der Regel dadurch veranlaßt, daß die unterstützte Partei
von dem Reichtsstreit, in den sie verwickelt worden ist, der betreffenden Per-
son durch Zustellung eines Schriftsatzes förmliche Mitteilung gemacht hat.
Eine solche förmliche Mitteilung nennt man Streitverkündung.
Zu ihr ist jede Partei berechtigt, welche für den Fall eines ihr ungünstigen
Ausgangs des Rechtsstreits einen Ersatzanspruch gegen den Dritten zu haben
glaubt oder für diesen Fall einen Ersatzanspruch des Dritten befürchtet.
Ein Beispiel wird dies leichter verständlich machen: B hat den A, von
dem er eine Kuh gekauft hatte, auf Rückgängigmachung des Kaufs ver-
klagt, weil die Kuh an einem sog. Währschaftsfehler (s. Nr. 395) leide. A,
welcher seinerseits das Tier von C erworben hatte, will, falls er den Rechts-
streit verliert, gegen diesen seinen Rückgriff nehmen, weshalb er ihm jetzt
schon den Streit verkündet. C kann alsdann dem A als Nebeninter-
venient beitreten und als solcher im Prozesse alles vortragen, was etwa zur
Abweisung der Klage des B führen kann. Tritt er dem Rechtsstreite nicht
bei, so kann er späterhin, wenn A auf ihn seinen Rückgriff nimmt, nicht
einwenden, der erste Prozeß sei unrichtig entschieden oder von A mangel-
haft geführt worden.
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