Die politischen Gemeinden 225
nütziger Tätigkeit und Gesinnung und nimmt überdies der Staats-
verwaltung einen erheblichen Teil der Geschäfte ab, insbesondere
solche, deren richtige Besorgung eine genaue Kenntnis der örtlichen
Verhältnisse voraussetzt..
In Bayern gibt es drei Arten von Selbstverwaltungskörpern:
1. die politischen Gemeinden, auch Gemeinden schlechthin genannt,
2. die Distriktsgemeinden und 3. die Kreisgemeinden.
I. Die politischen Gemeinden.
1. Allgemeines.
1. Im Mittelalter erfreuten sich die Gemeinden in der Verwal-
tung ihrer Angelegenheiten einer so weitgehenden Selbständigkeit,
daß hinter dieser die Staatshoheit ganz in den Hintergrund trat.
Durch den absoluten Staat des 18. Jahrhunderts jedoch wurde dieses
Recht der Selbstverwaltung völlig beseitigt. Es ist das Verdienst des
Freiherrn von Stein, zunächst in Preußen durch Einführung der
Städteordnung vom Jahre 1808 den Grundsatz der Ge-
meindefreiheit wieder zur Anerkennung gebracht zu haben.
Seither wurde die Selbstverwaltung der Gemeinden, Kreise, Provin-
zen usw. im ganzen jetzigen Deutschen Reiche durchgeführt, und zwar
wurde in Deutschland die Mitte eingehalten zwischen dem streng zen-
tralisierten Frankreich einerseits, das nur eine sehr eingeschränkte
Selbstverwaltung kennt, und England anderseits, woselbst der Ge-
meinde und der Grafschaft fast die ganze örtliche Verwaltung zuge-
wiesen ist.
2. Die Verhältnisse der politischen Gemeinden fanden für
Bayern rechts des Rheins zuerst eine zusammenfassende
Regelung durch das Gemeindeedikt des Jahres 1818; eine
Ergänzung hierzu bildete das Gemeindeumlageedikt des
Jahres 1819. Das Gemeindeedikt erfuhr eine Aenderung und Neu-
fassung durch das Revidierte Gemeindeedikt des Jahres
1834. In der Pfalz galten um diese Zeit noch in der Hauptsache
die Grundsätze des französischen Gemeinderechts. Eine Neuge-
staltung brachte dann für das Gemeinderecht das Jahr 1869; in
diesem ergingen zwei vollständig neue Gemeindeordnungen,
die eine für Bayern rechts des Rheins, die andere für die Pfalz; sie
haben unterdessen in einigen Punkten Aenderungen erfahren, insbe-
sondere brachte das Jahr 1908 für einen Teil der Gemeindewahlen
die Verhältniswahl und für die Pfalz das Pfälzische Städteverfas-
sungsgesetz und damit die Möglichkeit, ebenso, wie es im diesseitigen
Bayern stets möglich war, unmittelbare Städte einzuführen.
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