2. Abschnitt.
Das geistige und das körperliche Leben.
A. Anterricht und Erziehung.
§ 1. Zur Einführung.
Der einzelne vermag seinen Kindern nur ganz ausnahmsweise 7°7
selbst die Summe von Kenntnissen zu vermitteln, deren sie im späteren
Leben bedürfen; daher hat der Staat die Leitung des Unterrichts-
wesens in seine Hand genommen. In Deutschland hat man schon
früh die hervorragende Bedeutung einer guten Volksbildung erkannt
und demgemäß eifrig an der Verbesserung des Schulwesens gear-
beitet. Dieser Arbeit verdankt nicht zum kleinsten Teil das deutsche
Vokk die führende Stellung, welche es jetzt unter den Kulturstaaten
der Erde einnimmt.#
Das Unterrichtswesen ist im Deutschen Reiche Sache
der Einzelstaaten. Das Reich übt nur insofern einen gewissen
mittelbaren Einfluß darauf aus, als es durch die beim Reichsamt des
Innern gebildete Reichsschulkommission darüber wacht, daß
nur die Zeugnisse solcher Schulen als zum militärischen Dienst eines
Einjährig-Freiwilligen berechtigend anerkannt werden, welche sich auf
der erforderlichen Höhe befinden.
Die oberste Leitung und Beaufsichtigung des Unterrichts= und
Erziehungswesens ist in Bayern Sache des Staatsministe-
riums des Innern für Kirchen= und Schulange-
legenheiten (häufig als Kultusministerium bezeichnet). Unter
1 Einen guten Maßstab für die Bildung eines Volkes bietet die Zahl
seiner sog. Analphabeten (— Nichtkenner des Alphabets), d. h. derer,
welche nicht lesen und schreiben können. Solche Analphabeten sind im
Deutschen Reich fast gar nicht mehr vorhanden, während sie z. B. in Spa-
nien und Portugal 75, in Italien 60, in Frankreich und England 15 Prozent
der gesamten Bevölkerung ausmachen.
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