Die Volksschulen 257
oberste Leitung dem Kultusministerium zu; ersteren stehen als
fachmännische Organe die Kreisschulkommissionen zur
Seite, für das letztere ist zur fachmännischen Begutachtung die
Landesschulkommission geschaffen (s. Nr. 771). Als
weiteres technisches Organ ist bei jeder Regierung ein fachmännisch
gebildeter Kreisschulinspektor aufgestellt. Den wesent-
lichsten Bestandteil seiner Wirksamkeit bildet die Vornahme außer-
ordentlicher Visitationen der Volksschulen des Regierungsbezirks.
5. Die Lehrer der Volksschulen sind entweder Volks-
schullehrer — diesen ist eine ordentliche Lehrstelle übertragen —
oder ständige Schulverweser — diese haben eine Schulstelle selb-
ständig zu versehen, ohne die Bezüge eines Volksschullehrers zu be-
ziehen — oder zeitweilige Verweser — diese haben eine Lehrstelle vor-
übergehend zu versehen — oder endlich Hilfslehrer — diese haben
unter der Leitung eines Volksschullehrers Unterricht zu erteilen.
Alle diese Stellen können auch weiblichen Personen übertragen werden.
Die Besetzung der Lehrstellen erfolgt durch die Kammern des Innern
der Kreisregierungen. Es bestehen aber bisweilen Präsentations-
rechte (vergleiche wegen dieses Begriffes Nr. 853 Anm. 27).
Die Vorbildung der Lehrer erfolgt zunächst durch den
dreijährigen Besuch einer Präparandenschule: daran schließt
sich der zweijährige Besuch eines Schullehrerseminars,
während dieser Zeit haben die Zöglinge in der Regel auch in dem
Seminargebäude zu wohnen. Die Aufnahme in die Seminarien ist
von dem Bestehen der Präparandenschlußprüfung abhängig; ebenso
ist beim Austritt aus dem Seminar die Seminarschlußprüfung abzu-
legen. Diejenigen, die die Prüfung bestanden haben, die Schul-
dienstexpektanten, finden meistens nach einjähriger Schul-
praxis Verwendung als Hilfslehrer und haben dann vier Jahre nach
der Seminarschlußprüfung sich der Anstellungsprüfung zu unter-
ziehen, die bei den Kreisregierungen abgehalten wird. Damit ist die
Befähigung zur Führung einer selbständigen Schulstelle erworben.
Für weibliche Bewerber sind die gleichen Erfordernisse aufge-
stellt, sie sind aber, da genügende öffentliche Anstalten mangeln,
großenteils angewiesen, die Ausbildung für die Prüfungen auf pri-
vatem Wege zu suchen.
Die Mindestbezüge der Lehrer und Lehre-
rinnen sind gesetzlich festgelegt, sie bewegen sich von 1200 M. für die
Volksschullehrer bis herab auf 820 M. für die Hilfslehrer, dazu
kommt der Anspruch auf Gewährung von Dienstwohnungen oder
von Mietentschädigungen an Stelle solcher. Außerdem werden den
Glock-Schiedermair, Bürgerkunde. 17
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