Full text: Bürgerkunde.

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260 Die innere Verwaltung 
3. In Bayern bestehen vier Hauptformen von humani— 
stischen und realistischen Mittelschulen. 15, 11 Die humanistischen 
Gymnasien haben den Zweck, die männliche Jugend 
auf der Grundlage höherer allgemeiner Bildung zu selbstän- 
digem Studium vorzubereiten. Der lateinischen und der griechischen 
Sprache sind erheblich mehr Unterrichtsstunden als den anderen 
Fächern gewidmet; englische und italienische Sprache sind nur Wahl- 
fächer. Französische Sprache ist Pflichtfach; auch Arithmetik, Mathe- 
matik und Physik werden als Pflichtfach gepflegt. Der Unterricht 
Umfaßt neun Jahreskurse. Wer in die erste Klasse eintreten will, muß 
in der Regel das zehnte Lebensjahr vollendet haben oder in dem be- 
treffenden Kalenderjahr noch vollenden. Der Vorstand führt den 
Titel Rektor; ihm steht ein Konrektor zur Seite; die Rektoren einiger 
Anstalten führen den Titel Oberstudienrat. Zur Beratung wichtiger 
Angelegenheiten, zur Erhaltung der Einheit und des Zusammen- 
hangs des Unterrichts, zur wechselseitigen Mitteilung der auf die 
Anstalt bezüglichen Wahrnehmungen finden Sitzungen des Lehrer- 
rats statt, der sich in der Hauptsache aus allen „Ordinarien“, d. h. 
denjenigen Lehrern zusammensetzt, die in einer Klasse die meisten 
Stunden erteilen. Die ordentlichen Lehrer der wissenschaftlichen 
Fächer führen teils den Namen Gymnasiallehrer, teils den Namen 
Gymnasialprofessor; außerdem werden den Anstalten nach Bedarf 
Assistenten zugewiesen. 
Als Anstalten, die nur einen Teil des Unterrichts vermitteln, der an 
den humanistischen Gymnasien erteilt wird, erscheinen die Pro- 
gymnasien und die Lateinschulen:; erstere weisen sechs 
Unterrichtsklassen auf, entsprechend den sechs unteren Klassen der 
humanistischen Gymnasien, letztere fünf oder weniger Klassen, ent- 
sprechend den betreffenden Klassen des humanistischen Gymnasiums. 
Die Vorstände der Progymnasien führen den Titel Rektor, die der 
16 Bayern zählt zurzeit 46 humanistische Gymnasien, 32 Proghmnasien, 
9 Lateinschulen, 4 Realgymnasien, 46 Realschulen, 9 Oberrealschulen. 
u In neuerer Zeit hat man vielfach als einen Mangel empfunden, daß 
bei dem jetzigen Lehrplan der Mittelschulen die Eltern genötigt. sind, sich 
darüber, welche Schule ihre Kinder dauernd besuchen sollen, bereits zu ent- 
schließen, wenn diese Kinder erst 9 oder 10 Jahre alt sind, ein Alter, in wel- 
chem häufig noch gar nicht erkennbar ist, ob die Kinder für ein höheres Stu- 
dium überhaupt befähigt sein werden, und in welchem noch seltener bereits 
eine auf einen künftigen Beruf hinweisende besondere Begabung hervortritt. 
Um diesem Mißstande zu begegnen, hat man in verschiedenen Städten 
Deutschlands versuchsweise sog. Reformghmnasien errichtet. In 
Bayern ist dem Realghymnasium in Nürnberg eine Reformschule ange- 
gliedert.
	        
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