Full text: Bürgerkunde.

Das Kirchenwesen 275 
sung zu Kirchenpfründen. In Gegenständen gemischter 
Natur erfolgt die Regelung durch Zusammenwirken der staatlichen 
und der kirchlichen Organe. Zu den Gegenständen dieser Art zählt 
die Verfassungsurkunde die Anordnungen über den Gottesdienst, des- 
sen Ort, Zeit und Zahl, die Errichtung geistlicher Gesellschaften, die 
Einteilung in Diözesen, Dekanats= und Pfarrsprengel. In den 
inneren rein religiösen Angelegenheiten hat der 
Staat der Kirche im allgemeinen freie Hand gelassen, doch nimmt er 
auch hier das Recht in Anspruch, Beschwerden gegen Mißbrauch der 
geistlichen Gewalt entgegenzunehmen und ihnen abzuhelfen, bei Spal- 
tungen zur Herstellung der Einigkeit mitzuwirken; vor allem aber 
beansprucht der bayerische Staat das sogenannte Plazetrecht 
(vom lateinischen placere — gefallen), d. h. es darf kein Gesetz und 
keine sonstige Anordnung der kirchlichen Gewalt publiziert oder voll- 
zogen werden, ehe nicht der König sie geprüft und genehmigt hat. 
Im Eingang der kirchlichen Ausschreibungen ist ausdrücklich zu er- 
wähnen, daß die königliche Genehmigung erfolgt sei. Das Plazet ist 
nicht erforderlich bei Weisungen, die lediglich aus bereits genehmig- 
ten Verordnungen hervorgehen, ferner für Anordnungen, die nur für 
die Geistlichkeit, nicht für die Allgemeinheit bestimmt sind. 
5. Die Ausgaben für kirchliche Zwecke sind in erster 
Linie aus den Erträgnissen des Vermögens der kirchlichen Stiftungen 
zu bestreiten; man unterscheidet hierbei das Pfründever- 
mögen, d. h. das für den Unterhalt des Geistlichen bestimmte Ver- 
mögen, und das Kirchenstiftungsvermögen, d. h. das für 
sonstige kirchliche Zwecke, z. B. zur Instandhaltung der Kirche be- 
stimmte Vermögen. Die Verwaltung des Pfründevermögens 
obliegt (bei protestantischen Pfarreien unter Mitwirkung des Kirchen- 
vorstandes) dem Inhaber der Pfründe. Er untersteht jedoch einer 
staatlichen Aufsicht (sogenannten Kuratel), die im wesentlichen von den 
Kreisregierungen ausgeübt wird. Er bedarf der Genehmigung der letz- 
teren insbesondere, wenn Bestandteile des Pfründevermögens ver- 
dußert werden sollen, wenn Kapitalien ausgeliehen werden oder 
Rechtsstreite geführt werden sollen. Die Verwaltung des Kirchen- 
stiftungsvermögens boötbliegt einem besonderen Organ, der 
Kirchenverwaltung.: Sie besteht aus dem Pfarrer, einem Vertreter 
* Zur Aufbesserung der aus den Pfründeeinkünften fließenden Bezüge 
der Geistlichen gewährt der bayerische Staat erhebliche Zuschüsse. 
* In der Pfalz wird das katholische Kirchenvermögen durch die so- 
genannten Fabrikräte, die sich aus fünf oder neun Bürgern, dem Pfarrer 
und einem Gemeinderatsmitglied zusammensetzen, das protestantische durch 
die Presbyterien verwaltet. 
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