Full text: Bürgerkunde.

Das Kirchenwesen 277 
II. Die katholische Kirche. 
1. Während dem Protestantismus lokale Gemeinden wesentlich 
sind und die Verbindung der Gemeinden zu einem größeren Ganzen 
nur eine zufällige Erscheinung ist, tritt die katholische Kirche rechtlich 
als eine Einheit auf. Es gibt nur eine katholische Kirche, Bis- 
tümer und Pfarreien sind nichts selbständiges, sondern nur Teile 
eines Ganzen. Die oberste Kirchengewalt ruht völlig in den Händen 
des Papstes, nachdem das vatikanische Konzil vom Jahre 1870 
festgestellt hat, daß die Bischöfe lediglich die Bevollmächtigten des 
Papstes sind und daß der Papst in Gegenständen des Glaubens und 
der Moral unfehlbar ist. Den obersten Staats= und Kirchenrat des 
Papstes bilden die Kardinälez ihnen steht auch beim Freiwerden 
des päpstlichen Stuhles die Wahl des neuen Papstes zu. Unter 
ihnen sind besonders zu erwähnen der Kardinalkämmekrer, 
dem die Aufsicht über die Verwaltung der Einkünfte des Papstes 
obliegt, und der Kardinalstaatssekretär, der beim päpst- 
lichen Stuhle gewissermaßen die Stellung eines Ministers des Aus- 
wärtigen einnimmt. Die päpstlichen Gesandten bei den Regierungen 
der weltlichen Staaten heißen Nuntien, die mit einem einzelnen 
Auftrag betrauten Legaten (s. Nr. 1297). Auch nach Bayern ist, 
und zwar mit dem Sitz in München, ein Nuntius entsandt. 
2. In Bayern bestehen acht Bistümer;:; zwei hiervon, näm- 
lich München-Freising und Bamberg, sind Metropolitanbistümer 
(auch Erzbistümer genannt), sechs einfache Bistümer, nämlich Augs- 
burg, Passau und Regensburg, gehörig zum Metropolitanbezirk 
München-Freising, und Würzburg, Eichstätt und Speyer, gehörig zum 
Metropolitanbezirk Bamberg. Der Metropolit ist nicht etwa schlecht- 
hin Vorgesetzter der Bischöfe, sondern beide haben im wesentlichen die 
gleiche Stellung; sie haben in Unterordnung unter den Papst die 
Kirche zu leiten; es ist deshalb für die Diözese des Metropoliten nicht 
neben ihm noch ein Bischof bestellt. Vor den übrigen Bischöfen, den 
sog. Suffraganbischöfen, zeichnet sich der Metropolit nur dadurch aus, 
daß ihm in den zu seinem Metropolitanbezirk gehörigen Diözesen 
einzelne Rechte zustehen, so insbesondere das Recht, die Bischöfe zu 
Versammlungen, den sog. Provinzialsynoden, zu berufen. 
Hinsichtlich der Besetzung der bischöflichen Stühle 
ist die Freiheit der Kirche in Bayern erheblich eingeschränkt; es ist 
nämlich der König berechtigt, für die erzbischöflichen und bischöflichen 
Stühle würdige und taugliche Geistliche, die die nach kanonischem 
Rechte erforderlichen Eigenschaften besitzen, zu ernennen; diese hat 
dann der Papst einzusetzen. Der bayerische Staat hat sich dem päst- 
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