Full text: Bürgerkunde.

Das Kirchenwesen 279 
alle Pfarreien, auf die die Vorfahren des Königs dieses Recht in der 
gewöhnlichen Weise erworben haben, aber auch bei Pfarreien, bei 
denen das Patronatsrecht in älterer Zeit später aufgehobenen 
geistlichen Korporationen zustand. Bei Pfarreien, für die keinerlei 
Patronatsrecht besteht und die deshalb von den Bischöfen an sich frei 
besetzt werden könnten, sind letztere in Bayern doch insoweit be- 
schränkt, als sie die Pfarreien nur an Personen vergeben können, die 
dem König genehm sind. Die Bestätigung des Königs ist auch erfor- 
derlich bei Pfarreien, für die ein privates Patronatsrecht besteht. 
Die Genehmigung durch den König finden nur solche Bewerber, die 
sich dem sogenannten Pfarrkonkurs unterziehen, d. i. einer 
durch staatliche Vorschriften eingehend geregelten Prüfung, die vor 
einer durch den Bischof gebildeten Prüfungskommission stattfindet. 
5. Die Errichtung geistlicher Gesellschaften und 
Institute, also insbesondere die Zulassung von Orden, die Er- 
richtung von Klöstern, aber auch die Errichtung von geistlichen 
Bruderschaften, Kongregationen, dritten Orden bedarf der könig- 
lichen Genehmigung. Auch über die Ordensgelübde dürfen ohne 
Mitwirkung der Staatsregierung keine Bestimmungen getroffen 
werden. In Bayern bestehen zurzeit 101 Männerklöster mit 6 Fi- 
lialen und etwas über 2000 Mitgliedern und 76 Frauenklöster mit 
1036 Filialen und über 13 000 Mitgliedern. Der Jesuiten- 
orden (und die ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen Kon- 
gregationen) ist durch Reichsgesetz vom ganzen Reichsgebiet ausge- 
schlossen. Die Errichtung von Niederlassungen ist ihm nicht gestattet. 
Seinen Mitgliedern kann, soweit sie Deutsche sind, der Aufenthalt an 
bestimmten Orten oder Bezirken untersagt oder angewiesen werden. 
III. Die evangelischen Kirchen. 
1. Wie in anderen deutschen Staaten, so ist auch in Bayern die 
Kirchengewalt in der evangelischen Kirche auf dem Grundsatz des 
Summepiskopats aufgebaut, d. h. die Kirchengewalt steht in 
vollem Umfange dem Landesherrn zu. Der König übt sie jedoch nicht 
selber aus, sondern bedient sich hierzu besonderer Behörden, des 
Oberkonsistoriums für Bayern rechts des Rheins und des Konsisto- 
riums zu Speyer für die Pfalz. Doch hat er sich eine Reihe sehr wich- 
tiger Gegenstände zur selbständigen Entschließung vorbehalten, so vor 
allem neue organische Einrichtungen und allgemeine Verordnungen, 
Anstellung und Beförderung bei geistlichen Amtsstellen, Errichtung 
von Pfarreien und die Verbescheidung der Beschlüsse allgemeiner 
Synodalversammlungen. 
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