Full text: Bürgerkunde.

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318 Das Wirtschaftsleben 
3. Das Kapital. 
Unter dem als Produktionsfaktor in Betracht kommenden Ka— 
pital verstehen wir denjenigen Teil des Vermögens, welcher, selbst 
Produkt menschlicher Arbeit, wieder zur Produktion weiterer Güter 
bestimmt ist. Der gewöhnliche Sprachgebrauch umfaßt aber unter 
dem Begriff Kapital nicht nur diese sog. Produktivkapi- 
talien, wozu hauptsächlich die Roh= und Hilfsstoffe, die Werk- 
zeuge, Maschinen und Fabriken gehören, sondern auch die sog. Er- 
werbskapitalien, d. h. die Güter, welche, ohne der Produk- 
tion zu dienen, von ihren Besitzern zu Erwerbszwecken verwendet 
werden. Darunter fällt z. B. ein Wohnhaus, das ich an einen anderen 
vermiete, und das Geld, das ich einem anderen zur Verwendung für 
laufende Bedürfnisse gegen Verzinsung leihe; denn Haus wie Geld 
werden in diesen Fällen dazu verwendet, mir einen Erwerb zu schaf- 
fen, und doch dienen sie nicht zur Erzeugung neuer Güter. 
Das Produktivkapital eines Unternehmens ist teils stehendes 
Kapital, d. h. solches, welches durch den bestimmungsgemäßen 
Gebrauch nicht sofort verbraucht wird, sondern bestehen bleibt (wie 
3. B. Baulichkeiten, Wirtschaftsinventar, Maschinen und Werkzeuge), 
teils umlaufendes Kapital, das durch den Gebrauch ständig 
in andere Formen übergeführt, also verbraucht wird; dazu ge- 
hört vor allem das bare Geld, welches zur Anschaffung der zu bear- 
beitenden Rohstoffe und zur Bezahlung der Arbeitslöhne dient, als 
Teil des Erlöses aus den erzeugten Waren in den Betrieb zurück- 
fließt und dort immer aufs neue zur Fortsetzung des Betriebs ver- 
wendet wird. Man nennt daher die umlaufenden Kapitalien eines 
Geschäfts auch Betriebskapital, während man die Summe 
der zum Geschäfte gehörenden stehenden Kapitalien als das An- 
lagekapital dieses Geschäfts bezeichnet. 
Ohne die Hilfe der Produktionsmittel, d. h. des Kapitals, würde 
die menschliche Kultur in den Uranfängen stecken geblieben sein. Die 
Entstehung der Kapitalien beruht auf der Sparsamkeit, Arbeit- 
samkeit und Sorge für die Zukunft. Alle diese Antriebe würden 
jedoch nicht wirken können, wenn der Arbeitende und Sparende nicht 
bestimmt darauf rechnen könnte, daß er und nach seinem Tode seine 
Familienangehörigen die Früchte seiner Sparsamkeit auch wirklich 
genießen dürfen, indem das Gesetz sein Recht anerkennt, über das Er- 
worbene frei zu schalten und es seinen Angehörigen zu hinterlassen. 
Daher bilden die in allen zivilisierten Staaten eingeführten Rechts- 
institute des Privateigentums und des Erbrechts die Hauptgrund- 
lage der Kapitalbildung und damit jeder höheren wirtschaftlichen 
und kulturellen Entwicklung.
	        
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