Full text: Bürgerkunde.

Grundzüge der theoretischen Volkswirtschaftslehre 329 
widrig sei, daß Geld wieder Geld erzeuge. Mit Unrecht; denn in 
Wirklichkeit handelt es sich hier um leihweise Ueberlassung eines Pro— 
duktivkapitals, das dem Entleiher Gewinn bringt; es ist daher nur 
billig, daß er einen Teil dieses Gewinnes als Zins dem Ausleiher 
abgibt, welcher die Nutzung des Kapitals während der Dauer des Dar— 
lehensverhältnisses entbehren muß und überdies unter Umständen 
seinen Verlust zu befürchten hat. 
Die Höhe des Kapitalzinses hängt hauptsächlich ab von der Größe 
des Kapitalangebots und der Kapitalnachfrage, von dem Ertrag, 
welcher aus der Verwendung des Kapitals zu erhoffen ist, und von 
der Verlustgefahr (dem Risiko), welche für den Verleiher mit dem 
Ausleihen nach den Umständen des Falles verknüpft ist. In früheren 
Zeiten hat man die Höhe des zulässigen Zinssatzes gesetzlich festgestellt. 
Jetzt ist man hiervon abgekommen; doch wird mit Fug und Recht 
noch als Wucher bestraft das Nehmen übermäßiger Zinsen oder son- 
stiger Vorteile unter Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit 
oder des Leichtsinns des Darlehensnehmers. Hierüber s. Nr. 285. 
Der landesübliche Zinsfuß zeigt das Bestreben, mit der Vermeh- 
rung des Volksreichtums zu sinken. Während er noch vor 30 Jahren 
in Deutschland allgemein 5 Prozent betrug, hält er sich gegenwärtig 
auf etwa 4 Prozent und wird voraussichtlich noch weiter herabgehen, 
wenn auch zu Zeiten eines besonderen industriellen Aufschwunges die 
starke Kapitalnachfrage eine vorübergehende Steigerung des üblichen 
Zinsfußes zur Folge hat. So schwer ein allgemeiner Rückgang des 
Zinsfußes besonders die kleinen Rentner trifft, so bietet er doch vom 
allgemein volkswirtschaftlichen Standpunkte aus den Vorteil, daß er 
einerseits den arbeitslosen Gewinn vermindert, anderseits den Streb- 
samen billige Kapitalien zur Unterstützung ihrer Arbeitskraft zur 
Verfügung stellt und hierdurch die Produktionskraft der Gesamtheit 
fördert. 
2. Kapitel. 
Geld- und Kredit-, Sank= und Shörsenwesen., 
Maß= und Gewichtswesen tt. dgl. 
A. Metall- und Papiergeld. Banknoten. 
Während oben (Nr. 992) von der Entstehung und volkswirt- 
schaftlichen Bedeutung des Geldes die Rede war, ist hier noch die der- 
zeitige Ausgestaltung unseres Geldwesens kurz zu schildern. 
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