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370 Das Wirtschaftsleben
Ungefähr seit der Zeit Karls des Großen ist in Deutschland
neben der Verwendung ständiger Viehweiden eine geregelte Bewirt—
schaftung bestimmter, dauernd dem Getreidebau dienender Felder zur
Einführung gelangt, und zwar meist nach dem sog. Dreifelder—
system. Hierbei war das gesamte Ackerland eines Dorfes in drei
große Felder eingeteilt, deren jedes in einem Jahre mit der bereits
im Herbst gesäten Winterfrucht und im nächsten Jahre mit der im
Frühjahr gepflanzten Sommerfrucht bestellt wurde, während es im
dritten Jahre brach (d. h. unbebaut) liegen blieb, damit der Boden
von innen heraus wieder neue Kraft gewinne. Es war also jeweils
ein Drittel der Gemarkung mit Winterfrucht und das zweite Drittel
mit Sommerfrucht bepflanzt, während das letzte Drittel brach lag.
Da die Grundstücke jedes einzelnen auf diesen drei Feldern zerstreut
durcheinander lagen, so war die notwendige Folge dieses (ungefähr
ein Jahrtausend, nämlich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts herr—
schenden) Dreifeldersystems, daß die Bestellungs- und Erntearbeiten
auf jedem der drei Felder durch alle Beteiligten gleichzeitig nach
festen Regeln vorgenommen werden mußten. Dieser sogenannte
Flurzwang aber wirkte hemmend auf die Entwicklung der Land-
wirtschaft ein. Zu einer gleichmäßigen Fortentwicklung konnte
ohnedies unsere Landwirtschaft damals wegen der unruhigen Zeiten
des Mittelalters und mehr noch wegen der Niederhaltung und Be-
drückung des Bauernstandes durch den gutsherrlichen Adel nicht ge-
langen. In den späteren Jahrhunderten lasteten dazu noch die
Greuel und Verwüstungen des Bauernkrieges und des dreißigjährigen
Krieges schwer auf der landbebauenden Bevölkerung.
Eine allmähliche Besserung trat in Bayern erst ein in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und im Anfang des 19. Jahr-
hunderts. In jene Zeit fällt auch die Ausdehnung des Kartoffelbaues
und die Einführung der Futterpflanzen, wodurch die Brache ent-
behrlich wurde. So gelangte man allmählich zu dem intensiveren
System der Fruchtwechselwirtschaft, bei welchem ein jähr-
licher Wechsel im Anbau der verschiedenen Getreidearten und der
anderen Feldgewächse stattfindet, so daß der Boden niemals an ein-
zelnen Nährstoffen eine zu große Einbuße erleidet.
Durch die im Jahre 1808 für ganz Bayern erfolgte Aufhebung
der Leibeigenschaft und durch die Aufhebung der Zehnten, Gülten,
Frohnden und Weiderechte, wie überhaupt aller auf dem gutsherrlich-
bäuerlichen Verhältnisse beruhenden Abgaben, Lasten und Dienstbar-
keiten, die hauptsächlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
erfolgte, aber noch nicht ganz durchgeführt ist, wurde die drückendste
Fessel der Landwirtschaft gelöst. Einen weiteren Aufschwung nahm