Die Landwirtschaft und die Viehzucht 381
Als Organ zur Vertretung der Interessen der Tierärzte eines
Kreises sind von der Staatsregierung die für jeden Kreis gebildeten
Tierärztlichen Kreisvereine anerkannt. Diese haben auf
Verlangen der Regierung über Gegenstände des Veterinärwesens
Gutachten abzugeben. Sie können aus eigener Initiative Anträge
an die Regierung stellen. Die Statuten der Vereine bedürfen der
Genehmigung der Kreisregierung; letztere kann zu den Beratungen
einen Kommissär abordnen; jeder Verein hat einen Vorstand, einen
Schriftführer und einen Kassier zu wählen.
3. Die Bekämpfung der Viehseuchen ist, abgesehen von der
Rinderpest (s. wegen dieser Nr. 1163), durch das Reichsseuchengesetz
geregelt. Darnach sind die Besitzer von Haustieren verpflichtet, so-
bald sich bei letzteren Erscheinungen einer Seuchenkrankheit zeigen,
der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen. Die Anzeigepflicht er-
streckt sich insbesondere auf Milzbrand, Tollwut, Rotz der Pferde,
Maul= und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und
Schweine, Lungenseuche des Rindviehs, Bläschenausschlag der
Pferde und des Rindviehs, Rotlauf der Schweine und Geflügelcholera.
Die Ortspolizeibehörde hat, sobald sie durch diese Anzeige oder
anderweitig Kenntnis von dem Ausbruch der Seuche erlangt, der
Distriktspolizeibehörde Mitteilung zu machen. Letztere ermittelt mit
dem amtlichen Arzt, d. i. in der Regel der Bezirkstierarzt, den Sach-
verhalt und ordnet die nötigen Schutzmaßregeln teils selbst
an, teils erwirkt sie deren Anordnung durch die Kreisregierung oder
das Ministerium des Innern. Auf diese Weise kann verfügt werden,
daß die erkrankten oder seuchenver dächtigen Tiere abzusondern und zu
beobachten seien, daß über die seuchenverdächtigen Anwesen die Ver-
kehrssperre verhängt werde, daß die noch gesunden Tiere geimpft, die
erkrankten oder verdächtigen Tiere getötet, ihre Kadaver unschädlich
gemacht und die Ställe desinfiziert werden. Die Abhaltung von
Vieh= und Pferdemärkten kann im Falle des Ausbruchs einer Seuche
untersagt werden.
Für die auf polizeiliche Anordnung getöteten Tiere wird regel-
mäßig und für die sonst an der Seuche gefallenen Tiere in bestimmten
Fällen Entschädigung gewährt. Letztere erfolgt aus der
Staatskasse. Die hierbei notwendig werdenden Schätzungen nimmt
eine Kommission vor, die aus dem beamteten Tierarzt und zwei
weiteren Sachverständigen besteht. Über die Pflicht zur Entschädi-
gungsleistung und die Höhe der Entschädigung beschließt die Kreis-
regierung, Kammer des Innern; gegen deren Entscheidung ist Be-
schwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig. Wer vom Ausbruch
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