Das Gewerbewesen 393
Publikums mancherlei Beschränkungen unterworfen; wer ihn außer—
halb seines Wohnorts ausüben will, muß im Besitz eines von der
Distriktsverwaltungsbehörde ausgestellten Wan dergewerbe—
scheines sein. Solche Wandergewerbescheine, deren Erteilung aus
gesetzlich bestimmten Gründen versagt werden kann, sind auch für um—
herziehende Musikanten und Schausteller vorgeschrieben.
Inhaber stehender Geschäfte, welche selbst oder durch ihre Reisen—
den auswärts Bestellungen aufsuchen oder Waren aufkaufen wollen,
bedürfen hierfür keines Wandergewerbescheins, sondern nur einer sog.
Legitimationskarte, welche gleichfalls von der Distrikts-
verwaltungsbehörde ausgestellt wird. Solche Geschäftsreisende dürfen
aber zur Aufnahme von Bestellungen in der Regel unaufgefordert
nur Kaufleute, nicht auch Privatpersonen, besuchen; doch sind für ge-
wisse Geschäftszweige (z. B. für den Verkauf von Wein und von
Leinen= und Wäschefabrikaten) Ausnahmen hiervon zugelassen.
IV. Die Organisation des Handwerks.
1. Die Innungen.
Nach der Gewerbeordnung können die selbständigen Gewerbe-
treibenden zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen
zu einer Innung zusammentreten.
Aufgabe der Innungen ist die Pflege des Gemeingeistes
sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre unter den
Innungsmitgliedern, die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses
zwischen Meistern und Gesellen und die Fürsorge für das Herbergs-
wesen und den Arbeitsnachweis, die nähere Regelung des Lehrlings-
wesens und die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den In-
nungsmitgliedern und ihren Lehrlingen. Die Innungen sind aber
auch befugt, ihre Wirksamkeit noch auf andere, den Innungsmitglie-
dern gemeinsame gewerbliche Interessen auszudehnen; insbesondere
können sie Fachschulen, Unterstützungskassen und gemeinsame Ge-
schäftsbetriebe einrichten, Gesellen= und Meisterprüfungen veranstalten
und über diese Prüfungen Zeugnisse ausstellen.
Die Aufgabe der Innung, die Einrichtung ihrer Verwaltung und
die Rechtsverhältnisse ihrer Mitglieder werden durch das Innungs-
statut geregelt. Nach diesem muß bei jeder Innung zur Ver-
tretung der Interessen der Gesellen auch ein von diesen gewählter
Gesellenausschufß bestehen.
Die Gewerbeordnung hatte ursprünglich den früheren Innungs-
zwang gänzlich beseitigt, indem sie den Beitritt zu einer bestehenden
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