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428 Die auswärtigen Angelegenheiten
ständigen Kommissionen zu dem Zweck gebildet werden, das Reichs-
kolonialamt bei der Verwaltung der Schutzgebiete in beratender Weise
zu unterstützen. Der oberste Beamte jedes Schutzgebietes heißt Gou-
verneur d(auf den Marshallinseln Landeshauptmann); diese sowie
die übrigen Beamten (Bezirksamtmänner, Oberrichter, Bezirksrichter
usw.) stehen als Kaiserliche Beamte im Reichsdienst. Die Gerichts-
barkeit in den Schutzgebieten ist im wesentlichen nach den für die
Konsulargerichtsbarkeit (s. Nr. 1303) geltenden Vorschriften geregelt.
Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Bekämpfung des Skla-
venhandels? bestehen in den Schutzgebieten Schutztruppen aus
eingeborenen Soldaten unter deutschen Offizieren und Unter-
offizieren.
Die Kosten der Verwaltung der Schutzgebiete werden
zunächst aus ihren eigenen Einkünften, besonders durch Zollabgaben
gedeckt, nötigenfalls aber vom Reich bestritten. Der Kostenvoranschlag
für die Schutzgebiete wird jeweils getrennt vom eigentlichen Reichs-
haushaltetat aufgestellt.
Das Verständnis für die Bedeutung unseres Kolonialbesitzes hat
sich in weiten Kreisen des deutschen Volkes nur langsam entwickelt.
Welch große Bedeutung ihm jetzt zugemessen wird, zeigt die Errichtung
verschiedenartiger Lehranstalten, in denen alle, die ihr Beruf in die
Kolonien führt, die hierfür nötigen praktischen und theoretischen
Kenntnisse sich aneignen können. Wohl die bedeutendste dieser Art
ist das am 20. Oktober 1908 eröffnete Hamburger Kolonial-
institut, eine Schöpfung des Staates und der Stadt Hamburg,
das in seiner Art den Universitäten und den technischen Hochschulen
gleichzustellen ist und gleicherweise dem Ansiedler und dem Beamten
die zu erfolgreichem Wirken in den Kolonien erforderliche Vertiefung
seines Wissens wie dem Gelehrten aus der Fülle praktischer Erfah-
rungen neue Anregungen bieten will.
Von den Schutzgebieten sind noch zu unterscheiden die deutschen
sog. Interessensphären, d. h. die an die deutschen Besitzun-
gen anstoßenden, aber noch nicht in Besitz genommenen (innerafrika-
nischen) Gebiete, auf welche die übrigen Kolonialmächte laut den
mit ihnen abgeschlossenen Verträgen keine Hoheitsrechte beanspruchen
dürfen, so daß sie also der künftigen deutschen Besitzergreifung vor-
behalten sind.
6 Der Sklavenraub und Sklavenhandel ist durch ein be-
sonderes Reichsgesetz mit schweren Strafen bedroht.