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444 Heer und Kriegsflotte
besuchen und sodann als sog. Fahnenjunker (früher Avanta-
geur genannt) in das Heer eintreten. Nach Ablegung des (für Abitu-
rienten indessen nicht erforderlichen) Fähnrichsexamens erfolgt die Er-
nennung zum Fähnrich und nach weiterer Dienstzeit und theoreti-
scher Vorbereitung (zumeist auf einer der Kriegsschulenss) die Offi-
ziersprüfung. Die Ernennung zum Offizier geschieht auf Grund der
durch das Offizierskorps des Truppenteils vorzunehmenden Wahl.
Die Reserveoffiziere, durch welche im Kriegsfall der er-
höhte Bedarf an Offizieren gedeckt wird, müssen nach tadelfreier
Zurücklegung der Einjährigen-Dienstzeit zwei achtwöchige militärische
Uebungen durchmachen. Nach der ersten werden sie zu Vizefeldwebeln
(oder Vizewachtmeistern) befördert, nach der zweiten findet ihre Wahl
zum Offizier durch das gesamte Offizierskorps des Landwehrbezirks
und alsdann ihre Ernennung statt.
2. Neben den Militärgerichten, welchen in Strafsachen alle Mi-
litärpersonen unterworfen sind (s. Nr. 326), gibt es für die Offiziere
(einschließlich der Reserve= und Landwehroffiziere und der mit
Uniform verabschiedeten Offiziere) noch besondere Ehren-
gerichte: diesen steht die Entscheidung darüber zu, ob ein Offizier
durch ein (wenn auch gerichtlich nicht strafbares) Verhalten der Ehre
oder den Verhältnissen des Offiziersstandes zuwider gehandelt hat.
Ist dies festzustellen, so werden zunächst durch einen aus drei Offi-
zieren bestehenden Ehrenrat die nötigen Ermittelungen veran-
staltet, oder es wird eine förmliche ehrengerichtliche Untersuchung ge-
führt. Die schließliche Entscheidung, welche entweder auf Frei-
sprechung oder auf Warnung, Entlassung mit schlichtem Abschied oder
auf Entfernung aus dem Offiziersstande lauten kann und der Bestä-
tigung durch den obersten Kriegsherrn bedarf, wird vom Ehren-
gericht selbst erlassen; es besteht, wenn sich das Verfahren
gegen einen Stabsoffizier richtet, aus einem General und 9 Stabs-
* Die für die höheren Kommandostellen erforderliche kriegswissen-
schaftliche Ausbildung erhalten die hierzu befähigten Offiziere auf der
Kriegsakademie in Berlin. Bahern besitzt eine besondere Kriegs-
akademie zu München.
* In Bayern wird, soweit nicht Zöglinge des Kadetten-Korps in
Frage kommen, für die Regel erfordert das Reifezeugnis für die Universität,
erworben auf einem deutschen humanistischen Gymnasium, Realgymnasium
oder einer Oberrealschule mit neunjährigem Lehrgange, ferner einjähriger
Truppendienst, während dessen nach mindestens sechsmonatiger Dienstzeit
Beförderung zum Fähnrich erfolgt, Besuch der Kriegsschule und Bestehen
der Offiziersprüfung. Hierauf erfolgt die Ernennung zum Offizier wie
bei den übrigen Kontingenten. Für besondere Fälle ersetzt das Bestehen
der Fähnrichsprüfung, die beim Kadettenkorps abgehalten wird, den Besitz
des Reifezeugnisses.