Full text: Bürgerkunde.

Die Staatsschulden im allgemeinen 453 
III. Die Staatsschulden. 
Nicht selten können Staaten ihre Ausgaben nicht durch die lau— 
fenden Einnahmen decken. Häufig ist ihnen auch daran gelegen, 
bestimmte größere Ausgaben eines Jahres auf eine Reihe von Jahren 
zu verteilen. In beiden Fällen nehmen sie zur Deckung der Aus— 
gaben Anleihent auf. So entstehen die Staatsschulden. 
1. Die Arten der Staatsschulden. 
Die Anleihen gehören zu den Finanzschulden. Sie 
werden von der Finanzverwaltung zur Bestreitung von Ausgaben 
aufgenommen, für die sonstige Mittel nicht zur Verfügung stehen. 
Im Gegensatz zu ihnen stehen die Verwaltungsschulden, die 
sich unausgesetzt aus der Tätigkeit der einzelnen Verwaltungen er— 
geben, z. B. durch Ausführung von Bauten, Annahme von Depositen. 
Finanzschulden bilden, wenn sie anschwellen, infolge der notwendigen 
ständigen Verzinsung und allmählichen Tilgung eine schwere Last. 
Unbedenklicher sind sie, wenn sie als Anlageschulden eingegangen 
werden zur Ermöglichung nutzbringender Anlagen, wie Eisenbahnen, 
Kanäle usw.; denn diese Anlagen bilden ein der Schuld entsprechendes 
Kapitalvermögen, und ihre Nutzungen dienen zur regelmäßigen Zah— 
lung der Schuldzinsen und zur allmählichen Abtragung (Amorti— 
sierung) des Schuldkapitals. Es erscheint auch durchaus gerechtfertigt, 
in solchen Fällen durch Aufnahme von Anleihen das nachkommende 
Geschlecht, dem die Anlagen gleichfalls dienen, auch an der Tragung 
ihrer Kosten teilnehmen zu lassen. 
Eine weitere wichtige Unterscheidung ist diejenige in Schulden, 
welche nur für eine kurze Zeit aufgenommen werden (sog. schwe- 
bende Schulden) und solche, die auf eine längere Zeitdauer 
berechnet sind (sog. dauernde Schulden). Die Aufnahme 
schwebender Schulden dient hauptsächlich dazu, dem Staatshaushalt 
die notwendigen laufenden Wirtschaftsmittel zuzuführen, bis die zur 
Deckung der Ausgaben bestimmten Steuern, Zölle usw. eingegangen 
sind. Zu diesem Zwecke werden in der Regel verzinsliche, in wenigen. 
Monaten wieder einzulösende sog. Schatzanweisungens aus- 
* Von der Aufnahme von Anleihen ist die Uebernahme von 
Garantien zu unterscheiden, durch welche ein Staat sich z. B. zuweilen 
für die Verzinsung eines Eisenbahnkapitals verbürgt. 
Die Aufnahme von Staatsanleihen wie die Uebernahme von Garantien 
darf regelmäßig nur auf Grund eines Gesetzes, also nur mit Zustimmung 
der Volksbertretung, erfolgen. 
Im Reich sind auch Schatzanweisungen, die erst nach mehreren Jahren 
fällig werden, also den eigentlichen Anleiheschuldverschreibungen nahe- 
kommen, ausgegeben worden. 
1380 
1381 
1382
	        
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