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24 Das Staatsrecht des Reichs
und Verträge mit fremden Staaten eingeht,“ sowie die Gesandten
und Konsuln des Reiches ernennt.
Der Kaiser ist der oberste Kriegsherr, er führt den
Oberbefehl über die gesamte Landmacht;:: für Bayern besteht eine
Ausnahme. Das bayerische Heer bildet nach dem Bündnisvertrag
vom 23. November 1870 einen in sich geschlossenen Bestand-
teil des deutschen Heeres unter der Militärhoheit des Königs. Nur
im Kriege, und zwar mit Beginn der Mobilisierung, tritt es unter
den Befehl des Kaisers. Im übrigen ist Bayern nur verpflichtet,
gewisse Angelegenheiten, so Organisation, Formation, Ausbildung
und Mobilmachung, so zu ordnen, wie sie für das Reich geregelt sind.
Unter dem Oberbefehl des Kaisers sowie unter seiner ausschließlichen
Leitung im Kriege wie im Frieden steht auch die Kriegsflotte des
Reichs.
Der Kaiser ernennt und entläßt ferner die Reichsbeamten
(insbesondere den Reichskanzler): und übt die Disziplinargewalt
über sie aus. Ihm steht, abgesehen von Bayern und Württem-
berg, die eine selbständige Post= und Telegraphenverwaltung haben,
die gesamte obere Leitung des Post= und Telegraphenwesens zu.
Der Bundesrat und der Reichstag werden vom Kaiser berufen,
eröffnet, vertagt und geschlossen. An der Gesetzgebung selbst ist der
Kaiser unmittelbar nicht beteiligt, da die Reichsgesetze durch
den Bundesrat und den Reichstag beschlossen werden; auch hat
heit bedroht ist (z. B. bei einem Aufruhr oder einer Revolution), auch im
Frieden in Kriegszustand oder Belagerungszustand er-
klären. Die Erklärung soll mit Trommelschlag oder Trompetenschall ver-
kündet und durch Anschlag oder durch öffentliche Blätter bekannt gegeben
werden. Sie hat zur Folge, daß das Militär unter den Kriegsgesetzen steht,
und daß gewisse gemeingefährliche Verbrechen überhaupt strenger bestraft
werden. Ferner können die zum Schutze der persönlichen Freiheit und des
Eigentums gegebenen Gesetze für die Dauer des Zustandes aufgehoben und
besondere Kriegsgerichte zur Aburteilung gewisser Vergehen eingesetzt
werden. Für Bayern kann der Kriegszustand (auch Standrecht genannt)
mit ähnlichen Wirkungen auf Grund Landesrechts angeordnet werden.
*: So ist z. B. der Dreibund, der das Deutsche Reich mit Oesterreich-
Ungarn und Italien verbündet, lediglich vom Kaiser abgeschlossen worden.
Zum Abschluß von Verträgen, welche in das Gebiet der Gesetzgebung ein-
greifen, bedarf der Kaiser allerdings der Zustimmung des Bundesrats und
zur Gültigkeit ferner der Zustimmung des Reichstags. -
*: Das in den Befreiungskriegen gestiftete Eiserne Kreuz (2 Klas-
sen und ein Großkreuz) hat er im Krieg 1870/71, für dessen Dauer es er-
neuert wurde, als König von Preußen für Auszeichnung vor dem Feinde
verliehen. Ein Teil der Inhaber erhält einen Ehrensold.
“ Bei Ernennung gewisser Reichsbeamten (z. B. der Mitglieder des
Reichsgerichts) ist jedoch der Kaiser an die Vorschläge des Bundesrats ge-
bunden.