Full text: Bürgerkunde.

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26 Das Staatsrecht des Reichs 
desrat nur einfach, die Stimmen der größeren Staaten dagegen 
mehrfach gerechnet, und zwar fallen von den 58 Stimmen, welche 
der Bundesrat zählt, auf Preußen 17, auf Bayern 6, auf Sachsen 
und Württemberg je 4, auf Baden und Hessen je 3, auf Mecklenburg- 
Schwerin und Braunschweig je 2, auf alle anderen Staaten endlich 
je eine Stimme. 
Jeder Bundesstaat kann soviele Vertreter („Bundesrats- 
bevollmächtigte') in den Bundesrat senden, als er Stimmen 
besitzt; wenn er aber auch nur einen Vertreter schickt, so führt die- 
ser doch sämtliche seinem Staate zustehende Stimmen. Die Bevoll- 
mächtigten sind hinsichtlich ihrer Stimmenabgabe an die Weisungen 
(Instruktionen) ihrer Regierungen gebunden; : mehrere Vertreter 
eines Bundesstaates können daher ihre Stimmen nur einheitlich ab- 
geben; denn der Wille ihrer Regierung kann nur ein einheitlicher sein. 
2. Die Zuständigkeit des Bundesrats. 
Der Bundesrat übt die Reichsgewalt auf allen Gebieten aus, 
für welche diese Ausübung nicht ausdrücklich einem anderen Organ 
des Reiches (Kaiser, Reichstag, Reichskanzler) übertragen ist.s 
** Die Stimme des Fürstentums Waldeck, das durch Staats- 
vertrag ganz in preußische Verwaltung übergegangen ist, wird auch von 
Preußen geführt, so daß dieses tatsächlich im Bundesrat 18 Stimmen 
hat. Die Reichslande Elsaß-Lothringen sind im Bundesrat 
nicht vertreten; doch kann der Statthalter zur Vertretung der Landesinter- 
essen Kommissare mit beratender, nicht beschließender Stimme in den Bun- 
desrat entsenden. 
Bei der Verteilung der Stimmen im Bundesrat mußten die kleinen 
Staaten verhältnismäßig günstiger gestellt werden, als die großen. Bei 
einer Verteilung nach der Einwohnerzahl hätte Preußen mit seinen 37,3 
Millionen Einwohnern erheblich mehr als die Hälfte aller Stimmen zu be- 
anspruchen, womit den Stimmen der übrigen Staaten jede Bedeutung 
genommen wäre. 
* Da den Bundesratsbevollmächtigten ihre Instruktionen von den Re- 
gierungen der Einzelstaaten erteilt werden, so sind die Minister dieser 
Staaten konstitutionell für diese Weisungen verantwortlich. So kommt es, 
daß die Reichsangelegenheiten vielfach auch die Einzellandtage beschäftigen, 
und zwar in der Weise, daß die Volksvbertretung entweder die Regierung 
über die den Bundesratsbevollmächtigten erteilten oder noch zu erteilenden 
Instruktionen interpelliert, d. h. befrägt, oder daß sie durch eine 
förmliche, im Wege der Abstimmung festgestellte Erklärung (sog. Resolu- 
tion) ihre Stellung gegenüber der betreffenden Reichsangelegenheit zum 
Ausdruck bringt. Solche Resolutionen binden selbstverständlich die betref- 
fende Regierung nicht, aber sie können, da sie den Willen der Mehrheit der 
Volksvertretung darstellen, immerhin von Einfluß sein auf ihre Ent- 
schließungen. 
*s Man drückt das zuweilen auch dahin aus, der Bundesrat besitze die 
„Präsumption der Kompetenz“, wie in einem Einzelstaat der Monarch.
	        
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