Der Reichstag 31
licher Strafe bedroht ist. Andererseits wird auch der verwerf—
liche Stimmenschacher (der Kauf und Verkauf einer Wahlstimme)
bestraft.
3. Die Wahlkreise.
Zum Zwecke der Reichstagswahlen ist das ganze Reich 3" in 397
Wahlkreise eingeteilt. Bei dieser Einteilung, welche der Hauptsache
nach aus dem Jahre 1870 stammt, wurde davon ausgegangen, daß
auch in den kleinsten Bundesstaaten mindestens ein Abgeordneter
gewählt werden sollte, und daß im übrigen auf durchschnittlich 100 000
Einwohner ein Abgeordneter zu kommen habe. Inzwischen hat sich
aber die Bevölkerung des Reichs, besonders in den größeren Städten,
sehr stark vermehrt, die bisherige Wahlkreiseinteilung ist jedoch
geblieben, was zur Folge hat, daß in den ländlichen Wahlkreisen jede
einzelne Wahlstimme weit schwerer wiegt, als in denen der grö-
Heren Städte.5
Alle Wähler eines Wahlkreises bilden eine einzige Wählerschaft,
d. h. die dort abgegebenen Stimmen werden zusammengezählt. Zum
Zwecke der Erleichterung des Wählens ist aber der Wahlkreis in eine
Anzahl Wahlbezirke eingeteilt, und zwar bildet möglichst jede
Gemeinde einen solchen Wahlbezirk. Größere Gemeinden werden in
Unterbezirke von höchstens 3500 Seelen zerlegt.
Jedermann darf nur da wählen, wo er zur Zeit der Wahl
seinen Wohnsitz hat; Personen ohne festen Wohnsitz sind daher nicht
wahlberechtigt.
4. Das Wahlverfahren.
Zur Vorbereitung der Wahl, welche im ganzen Reiche an dem-
selben, vom Kaiser bestimmten Tage stattfindet, hat zunächst jede
Gemeindebehörde für ihren Bezirk die Wählerliste (d. h. ein Ver-
zeichnis aller wahlberechtigten Einwohner) aufzustellen und minde-
stens 8 Tage zu jedermanns Einsicht öffentlich auszulegen. Jeder
Wahlberechtigte sollte sich überzeugen, ob sein Name in die Liste auf-
genommen ist und verneinendenfalls die Aufnahme verlangen; denn
wer nicht in der Wählerliste steht, darf am Wahltage nicht wählen.
Größere Städte sind deshalb dazu übergegangen, die in die Wähler-
Einschließlich der Reichslande Elsaß-Lothringen; denn auch diese
wählen zum Reichstag. Von den 397 Abgeordneten entfallen allein auf
Preußen 286, auf Bayern 48, auf Sachsen 23, auf Württemberg 17, auf
Elsaß-Lothringen 15, auf Baden 14.
Die deutschen Schutzgebiete wählen nicht zum Reichstag.
* So zählt z. B. Berlin zurzeit über 2 Millionen Einwohner, wählt
aber nur 6 Reichstagsabgeordnete.
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