86
87
88
89
32 Das Staatsrecht des Reichs
listen Eingetragenen hiervon zu benachrichtigen, sodaß jeder, der eine
solche Nachricht nicht bis zu einem bestimmten Termin erhält, auf sein
Fehlen in der Wählerliste aufmerksam werden muß.
Mit der obersten Leitung der Wahl wird für jeden Wahlkreis
von der Regierung ein besonderer Wahlkommissär bestellt.
In jedem einzelnen Wahlbezirk wird ferner die Leitung der Wahl
einem Wahlvorsteher übertragen, der aus seinem Bezirke einen
Protokollführer und mehrere Beisitzer zuzieht. Dieser so gebildete
Wahlvorstand, dem keine unmittelbaren Staatsdiener ange-
hören dürfen, muß bei der von morgens 10 Uhr bis abends 7 Uhr
dauernden Wahl im Wahllokal anwesend sein.
Die Wahlhandlung selbst erfolgt öffentlich, d. h. im
Wahlraum darf, soweit das der Ordnung halber möglich ist, jeder
Wahlberechtigte zugegen sein; die Stimmenabgabe selbst da-
gegen geschieht geheim durch weiße, mit keinem äußeren Merk-
zeichen versehene Stimmzettel, welche bereits beim Eintritt in das
Wahllokal den Namen des zu Wählenden tragen und vom Wählenden
in einem Nebenraum oder an einem Nebentisch unbeobachtet in einen
amtlich abgestempelten Umschlag gesteckt werden müssen. Den Namen
des Wählenden darf der Stimmzettel nicht enthalten.
Nach Beendigung der Wahlhandlung stellt der Wahlvorstand das
Ergebnis der Wahl fest 36 und übersendet das Protokoll nebst den
von ihm für ungültig oder durch besondere Beschlußfassung für gültig
erklärten Stimmzetteln dem Wahlkommissär; dieser stellt in öffent-
licher Verhandlung das Gesamtergebnis für den Wahlkreis fest und
macht es öffentlich bekannt.
Hat kein Kandidat die absolute Mehrheit, d. h. mehr
als die Hälfte aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt, so muß
für den Wahlkreis eine sog. Stichwahl stattfinden; bei dieser
gelten nur Stimmen, welche abgegeben werden für die beiden Kan-
didaten, welche beim ersten Wahlgange die meisten Stimmen erhalten
haben. Erklärt der Gewählte nicht binnen 8 Tagen, nachdem ihm
seine Wahl bekannt gegeben ist, seine Annahme der Wahl, so muß
eine Nachwahl stattfinden. Ebenso können Ersatzwahlen
notwendig werden, wenn ein Abgeordneter stirbt oder auf sein Man-
dat verzichtet oder es verliert (z. B. infolge Verlustes der Wähl-
barkeit).
5. Die Stellung der Abgeordneten.
Jeder der 397 Reichstagsabgeordneten, welche für die Dauer
einer sog. Legislaturperiode (s. Nr. 26) von fünf
½% Jede Fälschung des Wahlergebnisses ist mit gerichtlicher Strafe
(Gefängnis) bedroht.