Der Landtag 57
5. Die Reichsverwesung, Regentschaft.
Sie tritt ein, wenn der König an der Ausübung der Regierung
gehindert ist und nicht selbst für Vertretung gesorgt hat. Sie steht
in erster Linie dem nächsten Agnaten zu, d. i. dem nächsten männlichen
Verwandten im Mannesstamm. Der Regent hat seine Wohnung in
der Residenz; den Unterhalt hat der Staat zu bestreiten. Hierfür ist
jährlich der Betrag von 100 000 Mark als Aversalbetrag angenom-
men; außerdem hat der Regent zur eigenen Verfügung jährlich
342 857 Mark zu beanspruchen.
F. Der bayerische Landtag.
1. Seine Bedeutung und seine Zuständigkeit.
Der Landtag (ursprünglich bezeichnet als die Ständeversamm-
lung) ist das verfassungsmäßige Organ des bayerischen Volkes, durch
das es an der Regierung teilnimmt und seinen Willen gegenüber
der Staatsregierung zum Ausdruck bringt. Der Landtag besteht aus
zwei Kammern: der Kammer der Reichsräte und der Kammer
der Abgeordneten. Erstere besteht teils aus eigenberechtigten Mit-
gliedern, teils aus Mitgliedern, die der König ernennt. Die Kam-
mer der Abgeordneten setzt sich ausschließlich aus vom Volke gewähl-
ten Mitgliedern zusammen. Beide Kammern verhandeln und be-
schließen zwar getrennt; sie bilden aber zusammen die Vertretung
des Volkes. Nur bei Uebereinstimmung beider Kammern liegt „eine
gültige Einwilligung der Stände“ vor.
Die Zuständigkeit des Landtags umfaßt:
a. die Mitwirkung bei allen Gesetzen und bei den in
das Gebiet der Gesetzgebung eingreifenden Staatsverträgen;
b. das Recht, Erläuterungen und Aufschlüsse von den Staats-
ministerien zu verlangen; das Recht, Vorstellungen an den König zu
richten („Wünsche und Anträge vorzubeugen“; das sogenannte
Petitionsrecht) und das Recht, in gewissen Fällen Beschwer-
den an den König zu bringen: Anlaß hierzu können auch an den
Landtag gerichtete Beschwerden einzelner geben; der Beschwerde-
führer hat darzutun, daß der Instanzenzug erschöpft ist.
Bei Eingaben an den Prinzregenten hat die Ueber-
schrift zu lauten: „Allerdurchlauchtigster Prinz und Regent, Allergnädigster
Regent und Herr!“ Die Unterschrift: „In tiefster Ehrfurcht Eurer König-
lichen Hoheit alleruntertänigst, treugehorsamster.“ Innerhalb der Eingabe
bücnn. schreiben: „Eure Königliche Hoheit.“ „Allergnädigst.“ „Aller-
öchst.
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