Full text: Bürgerkunde.

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64 Das baherische Staatsrecht 
Die Einberufung erfolgt in der Regel im Herbst; die Sitzungsperiode 
dauert meist bis in den Sommer hinein. 
An dem Tag, auf den der Landtag einberufen ist, wird er eröff- 
net. Zeit und Form der Eröffnung bestimmt der König. Die Mit- 
glieder werden beeidigt, die Legitimationen werden 
geprüft; Beanstandungen kann die Regierung erheben; ebenso 
jeder Wahlberechtigte hinsichtlich der Abgeordneten seines Bezirks. 
Ueber die Beanstandungen entscheidet die Kammer. 
Sobald die Anwesenheit einer beschlußfähigen Zahl von Mitglie- 
dern festgestellt ist, konstituiert sich die Kammer. Die Kammer 
der Reichsräte wählt ihren zweiten Präsidenten (der erste wird vom 
König auf die Dauer des Landtags ernannt); die Kammer der Abge- 
ordneten wählt einen Präsidenten und einen ersten und einen zweiten 
Vizepräsidenten. An die Wahl der Präsidenten schließt sich die Wahl 
der Sekretäre in der Reichsratskammer, der Schriftführer in der 
Abgeordnetenkammer. Die Präsidenten und die Sekretäre (Schrift- 
führer) bilden zusammen das Direktorium. 
Jede der Kammern hat sich eine besondere Geschäftsord- 
mung gegeben; die Geschäftsordnungen regeln das Verfahren, soweit 
nicht gesetzliche Vorschriften bestehen. Die Präsidenten haben die 
Nuhe in den Sitzungen aufrecht zu halten; sie sind berechtigt und ver- 
pflichtet, jedes Mitglied, das einer Bestimmung über den Geschäfts- 
gang zuwider handelt, zur Ordnung zu rufen, und, wenn es 
sich nicht fügt, ihm das Wort zu entziehen. Die Beteiligten können 
hiergegen Berufung an die Kammer ergreifen. Der Präsident hat 
während der Dauer der Versammlung die Polizei im Sit- 
zungsgebäude auszuüben; er ist auch hierzu ausschließlich 
befugt. Zur Ausübung wird ihm eine Militärwache zur Verfügung 
gestellt. Die Sitzungen beider Kammern sind regelmäßig öffentlich; 
geheime Sitzungen können nur unter gewissen Voraussetzungen abge- 
halten werden. 
Anfragen einzelner Mitglieder (Interpellationen) an 
die Staatsregierung sind schriftlich zu übergeben; in der folgenden 
oder spätestens in der zweiten Sitzung darauf wird die Unterstüt- 
zungsfrage gestellt; findet die Interpellation die Unterstützung, und 
zwar durch sieben Mitglieder in der Kammer der Reichsräte, durch 
fünfzehn Mitglieder in der Kammer der Abgeordneten, so hat sie der 
Minister sofort zu beantworten oder anzugeben, wann er sie beant— 
wortet, oder die Gründe anzugeben, warum er sie nicht beantwortet. 
An die Beantwortung oder die Ablehnung der Beantwortung 
schließt sich die Besprechung, wenn sie in der Kammer der Reichsräte 
wenigstens fünfzehn Mitglieder, in der Abgeordnetenkammer 
mindestens fünfundzwanzig Mitglieder beantragen.
	        
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