92 II. Verfassung.
bis zur gesetzlichen Einteilung der größeren Städte in Wahlbezirke
(vol Bem 2) eine Erhöhung der Zahl der Abgeordneten der Stadt
Mannheim von fünf auf sechs und damit der Gesamtzahl der Ab-
geordneten von 73 auf 74 im Weg einer Abänderung des § 33 der
Verfassung“ herbeigeführt werde.
2. Seither hatten die fünf größten Städte in einem Wahl-
kreise zwei bzw drei Abgeordnete zu wählen. Die Einteilung dieser
fünf Städte, die statt seither 12 künftig 16 Abgeordnete zu wählen
haben, in die erforderliche Zahl von Wahlkreisen erfolgt nach § 2
Abs 2 des Wahlkreisgesetzes zunächst durch landesherrliche Verordnung
nach Anhörung des Stadtrats, soll aber spätestens bis zum 1. Julie
1912 durch Gesetz geregelt werden, vgl Bem 1. Für die Städte mit
mehr als einem Abgeordneten hatte die zweite Kammer bei der
ersten Beratung die Einführung der Verhältniswahlen beschlossen.
Die erste Kammer stimmte diesem Beschluß jedoch nicht zu, da es
ihr bedenklich erschien, durch Aufnahme der Verhältniswahlen das
Parteileben offiziell in der Verfassung zur Anerkennung zu bringen,
und sie außerdem befürchtete, daß durch die Einführung dieses Wahl-
verfahrens die Wahlagitation in unerwünschter Weise gefördert und
dasselbe nach Einführung in den Städten für das ganze Land ver-
langt werde. KommBer der ersten Kammer S 14.
3. Das allgemeine Wahlrecht aller Staatsbürger für die Wahlen
zur zweiten Kammer beruht auf dem Ges vom 21. Dezember 1869.
Die Verfassungsurkunde vom 22. August 1818 hatte in § 36 als
stimmfähig und wählbar bei der Wahl der Wahlmänner, denen die
Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer zustand, alle Staats-
bürger bezeichnet, welche das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, im
Wahldistrikt als Bürger angesessen sind oder ein öffentliches Amt
bekleiden, und schloß damit nach der authentischen Erläuterung in
#§ 43 der Wahlordnung die Hintersassen (Schutzbürger, val Ziff 10
des VI. Konst Edikts vom 4. Juni 1808), Gewerbsgehilfen, Gesinde,
Bediente usw, also alle nicht selbständigen Staatsbürger, wie nicht
minder alle diejenigen über 25 Jahre alten selbständigen Staats-
bürger von der Wahl aus, die ein Gemeindebürgerrecht nicht an-
getreten oder erlangt hatten, oder die zwar in einer Gemeinde das
Ortsbürgerrecht besitzen, aber sich an einem anderen Ort nieder-
gelassen haben. Nicht das Staatsbürgerrecht, sondern das Orts-
bürgerrecht, an welches nach der damaligen Gesetzgebung das Recht
der ständigen Niederlassung in einer Gemeinde, sowie das Recht des
Gewerbe= und Geschäftsbetriebs und der Verehelichung geknüpft war,
war auch die Grundlage der politischen Rechte für alle, die kein öffent-