Verfassung. § 33. 93
liches Amt bekleideten, und blieb es auch, nachdem die gcänderte Ge-
setggebung, insbesondere die Gesetze des Jahres 1862 über Nieder-
lassung und Aufenthalt, sowie Verehelichung rc die Rechtsstellung der
Ortsbürger wesentlich verändert hatten. Erst nachdem der Grund-
satz des allgemeinen Wahlrechts im Jahr 1867 für die Zollparlaments-
wahlen Geltung erlangt hatte, wurde er durch das Ges vom 21. De-
zember 1869 auch für die Wahlen zur zweiten Kammer anerkannt.
Vgl hierüber 1. Geschichte der Verfassung S 7 ff.
4. Die unmittelbare, direkte Wahl der Abgeordneten zur zweiten
Kammer ist durch das Ges vom 24. August 1904 eingeführt worden.
Noch der über die Motion des Abg. von Feder im Jahr 1866
erstattete Kommissionsbericht der zweiten Kammer hatte sich aus-
drücklich „für die Beibehaltung der bis jetzt noch von keiner Seite
angefochtenen und durch ein halbes Jahrhundert bewährt gefundenen
mittelbaren Wahlen“ ausgesprochen. Nachdem jedoch die Verfassungen
des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs den Grundsatz
der direkten Wahl der Abgeordneten anerkannt hatten, machte sich
allmählich wachsend eine Bewegung geltend, welche auch für den Land-
tag das indirekte Wahlsystem durch das direkte zu ersetzen suchte,
und der schließlich die Novelle vom Jahr 1904 Rechnung trug. Im
übrigen val hierwegen I. Geschichte der Verfassung, S 12 ff.
5. Die Wahlordnung vom 23. Dezember 1818 hatte in den
§§ 53 und 54 für die Wahlmännerwahl die Abstimmung zu Protokoll
bzw mittels von dem Wähler zu unterschreibender Stimmzettel, d h
die öffentliche Wahl vorgeschrieben. Nachdem im Jahr 1867 die ge-
heime Abstimmung bei den Zollparlamentswahlen Anerkennung ge-
funden hatte, wurde sie durch das Ges vom 16. April 1870 über
einige Abänderungen der Wahlordnung auch für die Wahlen zur
zweiten Kammer eingeführt, ohne daß indes in der Verfassung selbst
der Grundsatz der geheimen Abstimmung Aufnahme fand. Vgl hier-
über I. Geschichte der Verfassung S 9.
Aus dem Grundsatz der geheimen Abstimmung folgt, daß eine Ver-
nehmung der Wähler darüber, wie sie abgestimmt haben, unzulässig ist,
vogl Bem 3 zu § 73 Landt WG. Der Inhalt dieses Grundsatzes wird von
Seydel dahin ausgelegt: Das Geheimnis der Wahl ist in erster Linie
ein Recht des Wählers. Derselbe ist niemandem Rechenschaft oder Auf-
schluß darüber schuldig, wie er gestimmt hat oder stimmen wird.
Neben dieser persönlichen Bedeutung hat der Grundsatz aber auch eine
objektive, nämlich die, daß das Nachforschen nach der Abstimmung
verboten ist, und daß sie auch dem Anerbieten des Wählers gegen-
über nie zum Gegenstand amtlicher Ermittelung gemacht werden kann.