Full text: Badisches Verfassungsrecht.

136 II. Verfassung. 
2. Bezüglich der hier behandelten Rechnungsnachweisungen und 
vergleichenden Darstellungen im Sinn des § 60 Ziff 1 ist eine Be- 
schlußfassung der ersten Kammer somit nur nach der Beschlußfassung 
der zweiten Kammer zulässig; materiell ist aber die erste Kammer 
durch die Beschlußfassung der zweiten Kammer in keiner Weise ge- 
hemmt. Die Beschlußfassung der Kammern geht in diesen Fällen 
überhaupt der Natur der Sache nach nur auf Beanstandung oder Nicht- 
beanstandung, und es könnte im letzteren Fall nur eine Vorstellung 
oder Beschwerde (§ 67 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Verf) oder eine 
Ministeranklage gemäß § 67 a ff Verf in Frage kommen. Zu einer 
Vorstellung an den Großherzog ist nach § 67 Abs 4 Verf jede Kammer 
für sich berechtigt; zu Beschwerden wegen Verletzung der Verfassung 
ist dagegen — von dem Ausnahmefall des § 67 Abs 3 Satz 2 abge- 
sehen — nur die zweite Kammer befugt, ebenso zu Ministeranklagen. 
3. Ueber die unter § 60 Ziff 2 Verf fallenden finanziellen 
Dauergesetze, bei deren Beratung in der Vergangenheit am häufigsten 
die Frage aufgeworfen wurde, ob sie zu den im früheren § 60 auf- 
geführten „die Finanzen betreffenden Gesetzentwürfen“ zu zählen 
seien, kann die erste Kammer nur beschließen, nachdem sie von der 
zweiten Kammer angenommen worden sind, also nicht auch, 
wenn sie von dieser abgelehnt wurden. Mit der Ablehnung durch 
die zweite Kammer ist die betreffende Gesctzesvorlage endgültig 
erledigt, da nach der ausdrücklichen Anerkennung in der RegBegr zur 
Verfassungsnovelle S 27 das Vorgangsrecht der zweiten Kammer bei 
Finanzgesetzen eine Einschränkung des nach § 65a Verf im übri- 
gen auch der ersten Kammer zustehenden Initiativrechts zur 
Folge hat. Ein von der zweiten Kammer angenommener, unter 
§ 60 Ziff 2 fallender Vorschlag wird sodann in der ersten Kammer 
behandelt, wie jeder andere, die Finanzen nicht betreffende Gesetz- 
entwurf; er kann somit gemäß § 70 Satz 3 Verf mit Verbesserungs- 
vorschlägen an die zweite Kammer zurückgegeben werden, bis ihn 
diese etwa bei einer erneuten Beratung ablehnt. Die erste Kammer 
ist also nicht mehr, wie nach dem früheren § 60 Verf auf die An- 
nahme oder Nichtannahme im ganzen beschränkt, und es kann auch 
bezüglich der hier in Frage stehenden finanziellen Dauergesetze nicht 
mehr wie nach dem seitherigen § 61 Verf im Fall der Ablehnung 
des Entwurfs durch die erste Kammer eine Durchzählung der Stimmen 
beider Kammern und die Annahme des Gesetzes gegen den Willen der 
Mchrheit der ersten Kammer in Frage kommen, vielmehr ist zum Zu- 
standekommen solcher Dauergesetze wie bei anderen Gesetzen erforder- 
lich, daß beide Kammern auch in allen Einzelheiten übereinstimmen. 
4. Ebenso wie die in § 60 Ziff 2 bezeichneten Entwürfe sind
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.