144 II. Verfassung.
von 1904 maßgebend, wo in der zweiten Kammer am 11. Juli 1904
ein Antrag Zehnter und Genossen, betr die Stellvertretung der
Standesherren und der kirchlichen Würdenträger, mit 38 gegen 24
Stimmen abgelehnt und mit der gleichen Stimmenzahl der Kom-
missionsantrag zu § 28 Abs 3 und 4 und § 30 Abs 2 angenommen
wurde, Prot S 229.
8 65.
Zu allen anderen, die Freiheit der Personen oder das Eigen-
tum der Staatsangehörigen betreffenden ! allgemeinen neuen
Landesgesetzen, oder zur Abänderung oder authentischen Er-
klärung der bestehenden, ist die Zustimmung der absoluten
Mehrheit einer jeden der beiden Kammern erforderlich.““"“.
1. Die Begriffe „Freiheit der Personen“ und „Eigentum“ sind
im weitesten Sinn zu nehmen, so daß überhaupt alle allgemeinen
Vorschriften, welche den Staatsangehörigen Lasten auferlegen oder
die freie Bewegung derselben beschränken, auf einem Gesetze ent-
weder unmittelbar oder — wie z B bei den polizeilichen Vorschriften
— in dem Sinne mittelbar beruhen müssen, daß zur Erlassung der-
selben ein Gesetz die Ermächtigung gegeben hat. Vorschriften, die
nur das Verfahren der Behörden innerhalb des Organismus der-
selben regeln, die also nur den eigenen Organen der Staatsregierung
Verpflichtungen auferlegen, können im Verordnungswege erlassen
werden. So Wielandt, Staatsrecht, S 164, Anm 1. Immer-
hin ist zu beachten, daß in den ersten Jahrzehnten des Verfassungs-
lebens in Theorie und Praxis dem Verordnungsrecht ein weiteres
Gebiet eingeräumt war als heute. Mit Bezug hierauf ist beispiels-
weise in dem Urt d VerwGer # vom 28. Februar 1905, J S der Stadt
Mannheim gegen die Staatsverwaltungsbehörde, die Rechtsgültigkert
der an die Stelle einer LhV vom 22. Dezember 1836 getretenen Lh
vom 15. Juni 1876, betr die Verwaltung der Ortspolizei in den
größeren Städten (G u VBl S 176), anerkannt, obwohl in dieser
Verordnung über die von der Gemeinde zu zahlenden Beiträge zu
den Gehältern des staatlichen Polizeipersonals Bestimmungen ge-
troffen sind. — Durch §#§ 64 und 65 ist nicht ausgeschlossen, daß
auch Gegenstände, die nicht die Verfassung oder die Freiheit der
Personen oder das Eigentum betreffen, durch Gesetz geregelt werden;
sobald dies einmal geschehen ist, ist eine Aenderung nur in der
Form eines Gesetzes statthaft, vol Dorner, AusfG, S 11,
Note 21f; Wielandt, Staatsrecht, S 77 und 165; Schenkel,
Staatsrecht, S 12.