Full text: Badisches Verfassungsrecht.

154 II. Verfassung. 
der ersten Kammer. Someit die bezügliche Beschwerde gleichzeitig 
die Beschuldigung einer Verletzung der Verfassung oder verfassungs- 
mäßiger Rechte enthält, was wohl nicht immer der Fall sein wird, 
(a M Wielandt, Staatsrecht, S 169), ist jedenfalls nach § 67 
Abs 3 die zweite Kammer dazu allein befugt. 
Falls die Regierung einem beanstandenden Beschluß einer. 
der beiden Kammern gegenüber gleichwohl eine Verordnung nicht 
außer Wirksamkeit setzen sollte, würde nur die Erhebung einer 
Ministeranklage in Frage kommen können. Bis dahin haben 
jedenfalls die Verwaltungsbehörden die betreffenden Verord- 
nungsbestimmungen zu vollziehen. Den Gerichten steht dagegen all- 
gemein ein Prüfungsrecht hinsichtlich der gesetzmäßigen Erlassung, 
nicht aber auch der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Verord- 
nungen wie der Gesetze zu, arg § 24 Abs 2 PolSt GB, — näheres dar- 
über bei Wielandt, Staatsrecht, S 170 ff, und Jolly, 
PolStGB, Note 2 zu § 24 — und dieses Prüfungsrecht wird hinsichtlich 
der Polizeiverordnungen auch durch etwaige Beschlüsse der Kammern, 
eine Verordnung nicht zu beanstanden, formell rnicht berührt, 
Wielandt, aa O, S 171. Ein Urteil des Oberlandesgerichts 
Karlsruhe — Strafsenat — vom 13. August 1901 gegen Kühling 
nimmt allerdings an, daß eine Verordnung, die im übrigen nicht mit 
einem bestehenden Gesetz im Widerspruch steht, auch dann verbind- 
liche Kraft hätte, wenn sie unter Verletzung des Zustimmungsrechts 
der Stände erlassen wäre, solange sie nicht auf Beschwerde der Stände 
außer Kraft gesetzt ist. Ebenso PLlatenius, BadL, S 11, Anm 4. 
3. Das Petitions= und Beschwerderecht ist nach der Verfassung 
nicht ein Recht der einzelnen Staatsbürger, sondern ein Recht der 
Kammer im Sinn des § 50 Verf, vgl Wielandt, Staatsrecht, 
S 66, Anm 2, ebenso nach der Reichsverfassung, vgl Laband, 
Staatsrecht I, S 282, Anm 3. — Ueber die Erledigung der der 
Regierung zur Kenntnisnahme oder empfehlend überwiesenen Peti- 
tionen pflegt jeweils zu Beginn des nächsten Landtags den Ständen 
eine summarische Nachweisung gegeben zu werden. Während die 
Reichsverfassung in Art 23 dem Reichstag ausdrücklich das Recht zu- 
gesteht, an ihn gerichtete Petitionen — ohne jede Einschränkung, also 
auch solche von Ausländern — dem Bundesrat resp. Reichskanzler zu 
überweisen, vngl Laband,aüa O, sind nach § 67 Abs 2 Verf 
Pctitionen einzelner Staatsbürger über Kränkungen in ihren 
verfassungsmäßigen Gerechtsamen an den Nachweis der Enthörung 
geknüpft. Daß auch Petitionen, die sich nicht auf die Kränkung in 
verfassungsmäßigen Rechten beziehen, von den Ständen entgegen- 
genommen werden dürfen, wurde entgegen einer im Reg Bl von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.