Verfassung. § 67 a. 157
S 135. — Nur die Minister und die ihnen gleichgestellten Mitglieder
der obersten Staatsbehörde, d i des Staatsministeriums, die nicht
Minister sind, vgl § 32 Beamten G, unterliegen der Anklage, nicht
auch die ihnen untergeordneten Beamten, da etwaige, von diesen be-
gangene Verfassungsverletzungen im Weg der Beschwerde an die
höhere und höchste Staatsbehörde, also an die Minister, gebracht wer-
den können und gebracht werden sollen, und, wenn keine Abhilfe
erfolgt (vol § 7 Abs 2 Verf und Bem 3 dazu), die Minister selbst für
diese Verfassungsverletzung verantwortlich werden. Ueber die jetzige
und die frühere Organisation der Ministerien vgol Wielandt,
Staatsrecht, S 84 ff.
3. Die Worte „oder schweren Gefährdung der Sicherheit oder
Wohlfahrt des Staates“, die von der zweiten Kammer beigefügt
wurden, wollen nicht allgemein wegen jeder sogenannten Mißregie-
rung eine Anklage zulassen, wohl aber den Umfang der rein for-
malen, gewissermaßen auf die Buchstaben der Verfassungsurkunde
beschränkten Anklage in der Weise erweitern, daß mindestens die
schwersten Mißachtungen der Volksrechte und des öffentlichen Wohls vor
den Staatsgerichtshof gewiesen werden, Kom Ber II. K, 1867/68,
6. BeilHeft S 338. Auch diese Gefährdungen der Sicherheit oder
Wohlfahrt des Staats müssen, um das Anklagerecht zu begründen,
wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit begangen sein, s den zitierten
KomBer d II. K, S 338. Daß Verbrechen im Sinne des Straf-
gesetzbuchs der Beurteilung des Staatsgerichtshofs nicht unterliegen,
ergibt sich aus § 670; der Staatsgerichtshof hat sich in solchen Fällen
darauf zu beschränken, die Staatsanwaltschaft mit der strafgericht-
lichen Verfolgung zu beauftragen, vol Bem 1 und 2 zu § 67R Verf.
Die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit der Minister erstreckt
sich, wie unbestritten ist, und auch von der Regierung anerkannt wurde,
val Verh d II. K 1895/96, 4. Beil Heft S 139 ff und 252 ff, auch auf
die den badischen Bevollmächtigten zum Bundesrat erteilte Instruk-
tion, da hier eine Regierungshandlung in Frage steht, vgl Laband,
Staatsrecht I. S 94, S 95 Anm 1 und 224 ff, Wielandt, Staats-
recht, S 47/48, Schenkel, Staatsrecht, S 49. Es steht daher
auch rechtlich nichts im Wege, daß die Regierung vor ihrer Ent-
schließung in den dazu geeigneten Fällen den Landtag über die zu
erteilende Instruktion hört; doch könnte durch die Anhörung des
Landtags die Beschlußfassung des Bundesrats nicht verzögert werden,
und es würde deshalb in vielen Fällen sich als Folge ergeben, daß
der Bevollmächtigte nicht rechtzeitig instruiert werden kann, seine
Stimme also ruhen muß. Schon aus diesem praktischen Grunde
kann auch die Instruierung des Bundesratsbevollmächtigten nicht