158 II. Verfassung.
landesgesetzlich von der Zustimmung des Landtags abhängig gemacht
werden, vgl Laband, aag O, S 224/225. — Als unannehmbar
hat die Regierung einen auf dem Landtag 1895/96 eingebrachten An-
trag des Abgeordneten Muser bezeichnet, nach welchem die Regie-
rung verpflichtet sein sollte, jeweils bei Beginn der Session den
Kammern zur Kenntnis zu bringen, welche Instruktionen den Bun-
desratsbevollmächtigten erteilt wurden, und in welcher Weise diese
bei den Bundesratsbeschlüssen ihr Stimmrecht ausgeübt haben, da
eine ständische Mitwirkung bei diesen Regierungsakten sich ver-
fassungsmäßig nicht begründen lasse, überdies auch der in der Ge-
schäftsordnung des Bundesrats niedergelegte Grundsatz der Nicht-
öffentlichkeit der Verhandlungen des Bundesrats entgegenstehe.
Beeinflußt wird die verfassungsmäßige Ministerverantwortlich-
keit durch das Verhältnis zum Reich. „Es ist eine aus der Reichs-
angehörigkeit des Staates sich von selbst ergebende Pflicht, nicht ledig-
lich das partikularistische Interesse, sondern gleichzeitig das allge-
meine Interesse des Reichs zu fördern", Laband, aa 0O, S 95
und ähnlich S 224. Ob aber eine Abstimmung im Bundesrat durch
das — vielleicht den Interessen eines Einzelstaats zuwiderlaufende —
Reichsinteresse geboten war, kann nicht der Beurteilung der
Einzellandtage unterstehen, sondern nur derjenigen des Reichstags.
Nur wo die Aufopferung von Sonderrechten, insbesondere Reservat-
rechten, z B hinsichtlich der Besteuerung des Biers, Reichs Verf Art 35
Abs 2, Art 38 Abs 4 und Ziff 2 des Versailler Schlußprotokolls vom
15. November 1870, oder die Uebernahme besonderer Lasten oder
Beschränkungen in Frage steht, wird eine Verantwortung dem
Landtag gegenüber Platz greifen können, nicht aber wegen
einer sonstigen dem Landesinteresse vielleicht abträglichen, im
Reichsinteresse zweifellos gebotenen Maßnahme, die, wenn sie
im Bundesrat gegen die Stimme einer Einzelregierung beschlossen
ist, von dieser Regierung gleichwohl in Gemäßheit ihrer Bundes-
pflichten loyal vollzogen werden muß. Für die Beschlüsse des Bun-
desrats besteht keine Verantwortlichkeit der Einzelregierung gegen-
über dem Landtag, vgl Laband, aga D, Sy4.
- Im übrigen geht die Ministerverantwortlichkeit nicht soweit,
daß die Landstände rechtlich die Regierung zu einer bestimmten Hand-
lungsweise zwingen könnten, so daß schon die Nichtvollziehung jedes
landständischen Beschlusses eine Anklage rechtfertigen würde; das
System der badischen Verfassung ist kein parlamentarisches, sondern ein
konstitutionelles, Wielandt, Staatsrecht, S 50.
Ein Beschluß der Stände über die bezüglich einer bestimmten
Frage den Bundesratsbevollmächtigten zu erteilende Instruktion,