Verfassung. § 71. 167
bis dahin überall eine geheime Beratung in besonderen Ausschüssen
verlangt war, schreibt das Ges vom 21. Dezember 1869 für die
legislatorischen Arbeiten einschließlich der Feststellung des Budgets
durch das Finanzgesetz — wenn keine Kommissionsberatung vorher-
gegangen ist — eine Wiederholung der Beratung und Abstimmung
nach einer Zwischenzeit von mindestens drei Tagen vor, „welche eine
Berichtigung und Ergänzung der erstmals gefaßten Beschlüsse ge-
stattet und etwaigen, bei den mitunter bewegten Beratungen größerer
Körperschaften leicht möglichen Versehen vorzubeugen geeignet ist."“
Vel RegBegr; Verh d II. K, 1869/70, 4. Beil Heft, S 26. In dringen-
den Fällen erweist sich daher der sonst längere Weg der Vorberatung
in der Kommission als ein Mittel der Beschleunigung.
Das Ges vom 24. August 1904 hat die auf den § 69 bis zum
* 774 ausschließlich folgenden Vorschriften in formeller Hinsicht der-
art gefaßt, daß der Verfassungsurkunde wieder eine lückenlose Reihe
von Paragraphen eingefügt wird, und materiell durch den Strich
der Worte „wenn er nicht Finanzgegenstände betrifft“ den Art 6
des Ges vom 21. Dezember 1869 mit den jetzigen §§ 60 und 61
der Verf in Einklang gebracht, vol Bem 3 und 4 zu § 61.
§5 71.
(1.) Zur Gültigkeit der Beschlußfassung einer Kammer
ist, wo nicht ausdrücklich Ausnahmen festgesetzt sind, die Zu-
stimmung der absoluten Mehrheit der in gesetzlicher Anzahl
anwesenden Mitglieder erforderlich.
(2.) Bei gleicher Stimmenzahl gibt die Stimme des Präsi-
denten die Entscheidung.“
(3.) Die Stimmenzahl und das Verfahren bei den von den
Kammern vorzunehmenden Wahlen wird, unbeschadet der in
8§ 51 enthaltenen Vorschrift,“ durch die Geschäftsordnungen ?“
geregelt.
Gesetz vom 24. August 1004, Art 5.
1. Die Absätze 1 und 2 wiederholen die seitherigen Sätze 1
und 2 des § 74 Abs 1, Abs 3 den durch das Ges vom 21. Dezember
1869 geänderten Abs 2 des § 74, dessen Fassung früher gelautet hatte:
„Man stimmt ab mit lauter Stimme und den Worten: Ein-
verstanden! oder Nichteinverstanden! Nur bei der Wahl der Kan-
didaten für die Präsidentenstelle der zweiten Kammer, der Aus-
schußglieder und der Glieder der Kommissionen entscheidet relative
Stimmenmehrheit bei geheimer Stimmgebung.“