Verfassung. § 75. 171
fallen gelassen worden war, ist die hier für die Fälle der Gesamt-
abstimmung nach § 61 Abs 4, dh der nochmaligen besonderen Ab-
stimmung in jeder Kammer zum Zweck der Durchzählung auf An-
trag der Kommission der zweiten Kammer eingefügte Sondervor-
schrift an sich entbehrlich, da für die getrennt erfolgende Beschluß-
fassung jeder Kammer sich das Gleiche aus dem § 71 Abs 1 schon
von selbst ergibt, wie auch seither für die Fälle der Durchzählung in
Finanzsachen eine besondere Bestimmung hierüber nicht bestand (§ 74
Abs 1 Satz 3 der seitherigen Verf).
2. Der Abs 2 enthält die seither in § 74 Abs 1 Satz 3 ent-
haltene Vorschrift ohne sachliche Aenderung. Wegen des Stichent-
scheids, der hier dem Präsidenten der zweiten Kammer zugewiesen
ist, womit ein weiteres Vorrecht dieser Kammer in Finanzsachen
begründet wird, vgl Bem 4 zu § 71.
8 75.
(1.) Außer bei der Eröffnung und bei der Schließung des
Landtags dürfen die beiden Kammern nicht zusammentreten.
(2.) Wenn aber die Beschlüsse beider Kammern von-
einander abweichen, kann auf Anregung der einen oder andern
Seite durch Vermittelung der Präsidenten zum Zweck einer
Verständigung ein Zusammentritt der beiderseitigen Kommis-
sionen stattfinden.
(3.) Beide Kammern beschränken sich in ihrem Verhältnis
zueinander auf die gegenseitige Mitteilung ihrer Beschlüsse.
(4.) Sie stehen nur mit dem Großherzoglichen Staats-
Ministerium in unmittelbarer Geschäftsberührung; sie können
keine Verfügungen treffen oder Bekanntmachungen irgend einer
Art erlassen.“
(5.) Deputationen dürfen sie nur, jede besonders, nach
eingeholter Erlaubnis, an den Großherzog abordnen.
Gesetz vom 24. August 1904, Art 6.
1. Die abgeänderte Fassung des seitherigen ersten Satzes des § 75
Abs 1 („Die beiden Kammern können nicht zusammentreten“), der
bis zum Ges vom 21. Dezember 1869 gelautet hatte: „Die beiden
Kammern können weder im ganzen noch durch Kommissionen zu-
sammentreten“, bringt diesen mit § 68 Verf in Einklang und ent-
spricht der bestehenden Uebung.