172 II. Verfassung.
2. Der auf Vorschlag der ersten Kammer durch das Ges vom
24. August 1904 neu eingefügte Abs 2 soll eine Verständigung zwischen
den beiden Kammern über bestehende Meinungsverschiedenheiten er-
leichtern; der hier vorgesehene Verständigungsversuch kann auf An-
regung einer der beiden Kammern in jedem Fall von Meinungs-
verschiedenheiten stattfinden, er muß stattfinden im Fall des § 61
Abs 3, wenn über einzelne Budgetpositionen die Meinungen der
beiden Kammern von einander abweichen, vgl Bem 7 zu § 61 Verf.
Ein Zusammentritt der Kommissionen der beiden Kammern war
übrigens schon nach der seitherigen, auf dem Ges vom 21. Dezember
1869 beruhenden Fassung des Eingangs dieses Paragraphen zu-
lässig, aber nicht üblich.
3. Die Kammern können also nicht von sich aus Erhebungen
durch Inanspruchnahme irgend welcher Staats= oder Gemeinde-
behörden machen, auch nicht zum Zweck der Entscheidung über streitige
Wahlen, § 41 Verf, vgl Walz, Verwzeitschr 1902, S 162; Aus-
nahmen enthalten die §§ 2 und 3 des Ges, betr das Verfahren bei
Ministeranklagen, für die Kommission zur Beratung des Antrags auf
Erhebung einer Ministeranklage, welche nicht nur die Mitteilung der
bezüglichen Akten verlangen, sondern auch beim Vorstand des Land-
gerichts Karlsruhe Erhebungen durch Einvernahme bestimmter
Personen beantragen kann.
8 76.
(1.) Die Minister und Mitglieder des Staatsministeriums
und Großherzoglichen Kommissarien: haben jederzeit bei öffent-
licher und geheimer Sitzung der Kammern Zutritt und müssen
bei allen Diskussionen gehört werden, wenn sie es verlangen.
(2.) Wenn eine Vorberatung in einem besonderen Aus-
schuß stattfindet, so treten zur vorläufigen Erörterung der Ent-
würfe die landesherrlichen Kommissarien mit den ständischen
Ausschüssen zusammen, so oft es von der einen oder anderen
Seite für notwendig erachtet wird. Keine wesentliche Ab-
änderung in einem Gesetzentwurf kann getroffen werden, die
nicht mit den landesherrlichen Kommissarien in einem solchen
gemeinschaftlichen Zusammentritt erörtert worden ist.
Gesetz vom 21. Dezember 1860, Art 9.
1. Die frühere Fassung des § 76 lautete:
„Die Minister und Mitglieder des Staatsministeriums und