Full text: Badisches Verfassungsrecht.

14 J. Geschichte der Verfassung. 
über den jedoch mit Rücksicht auf die von dem Abgeordneten Dr. 
Bluntschli eingebrachte, cine umfassende Revision der Ver- 
fassung bezweckende Motion zur Tagesordnung übergegangen wurde. 
Gleiches Schicksal hatten die auf den Landtagen 1875/76 und 
1877/79 von den Abgeordneten Junghanns bzw Betzinger 
wiederholten Anträge auf Einführung der direkten Wahl. 
Auf dem Landtag 1881/82 wurde dagegen die Motion des Ab- 
geordneten Kern: „es wolle von Seiner Königlichen Hoheit dem 
Großherzog eine Gesetzesvorlage über Einführung direkter Wahlen 
erbeten werden“, von der zweiten Kammer mit 29 gegen 28 Stimmen 
angenommen, von der ersten Kammer aber einstimmig abgelehnt. 
Von Petitionen um Einführung des direkten Wahlrechts, dic 
bei der zweiten Kammer auf den Landtagen 1885/86 und 1889/90 
cingereicht wurden, gelangten die ersteren nicht zur geschäftlichen Be- 
handlung, die letzteren wurden durch Uebergang zur Tagesordnung 
erledigt. 
Mohr Erfolg hatten die Bestrebungen auf Einführung des 
direkten Wahlrechts auf den Landtagen 1891/92, 1893/94, 1895/96 
und 1897/98 in der zweiten Kammer, in welcher sich jeweils die 
Mehrheit, wenn auch nicht immer bedingungslos, für das Prinzip 
der direkten Wahl aussprach. 
Den Landtag 1891/92 beschäftigten Initiativanträge des Ab- 
gcordneten Birkenmayer auf Einführung des direkten Wahl- 
rechts, sowie ein Antrag des Abgeordneten Muser mit der Bitte um 
Vorlage eines bezüglichen Gesetzes, nach deren Beratung am 14. Mai 
1892 ein Kompromißantrag dahin angenommen wurde, „auszu- 
sprechen, daß die zweite Kammer mit der Aenderung des Wahlsystems 
durch Einführung der direkten Wahlen einverstanden sei und wünsche, 
daß bei diesem Anlaß eine Gesamtrevision der Verfassung vor- 
genommen werde“. Diesem Beschluß trat jedoch die erste Kammer auf 
den von Freiherr Ernst August von Göler erstatteten Bericht 
wiederum nicht bei, in der Erwägung, „daß der Antrag der zweiten 
Kammer sich für Einführung direkter Wahlen erklärt, ohne dabei 
Bestimmungen vorzuschlagen, welche geeignet wären, die mit dem 
allgemeinen Stimmrecht und dem direkten Wahlverfahren verbunde- 
nen Uebelstände und Gefahren zu verhüten“. 
Auf dem Landtag 1893/94 wurde zufolge eines Antrags des Ab- 
geordneten Heimburger auf Abänderung der Bestimmungen über 
dic Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer am 22. Juni 1894 
mit allen gegen acht Stimmen beschlossen, „die Großh. Regierung 
zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, wodurch die gesetz-
	        
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