1. Landtagswahlgesetz. 8 64. 223
2. Bezüglich des schon seither für den ersten Wahlgang bei der
Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer (§ 65 LandtWO),
aber nicht für die Wahlmännerwahlen (8 46 Abs 1 LandtWO) gel-
tenden Grundsatzes der absoluten Stimmenmehrheit, der nach § 12
des ReichstWG auch für die Reichstagswahlen gilt, wurde in der
Reg Begr folgendes ausgeführt:
„Zureichende Gründe, das im Reich und auch in den meisten
deutschen Bundesstaaten maßgebende System der absoluten Mehr-
heit zu verlassen, dürften — wenigstens soweit der erste Wahlgang
in Frage kommt — nicht vorliegen. Dieses System wird den der-
zeitigen Parteiverhältnissen, der Tatsache, daß in vielen Wahlbezirken
mehr als zwei Parteien, zuweilen bis zu fünf um das Mandat
kämpfen, am besten Rücksicht tragen. Unter einem Wahlsystem,
welches zu einem gültigen Ausfall des ersten Wahlgangs die Ver-
einigung von mehr als der Hälfte der abgegebenen Stimmen auf
einen Kandidaten verlangt, können es die mehreren Parteien
wagen, zunächst ihre Kräfte in der Weise zu messen, daß jede für
ihren Parteikandidaten die Stimme abgibt; hat keine Partei für
ihren Kandidaten die absolute Mehrheit gefunden, dann bietet die im
ersten Wahlgang vorgenommene Kraftmessung einen sicheren Boden,
auf dem die sich näher stehenden Parteien eine Verständigung über
das Zusammengehen in der Stichwahl erzielen können. Würde man
dagegen, wie dies zur Vermeidung der Nachteile des mit dem System
der Stichwahlen verbundenen Eingriffs in die Wahlfreiheit schon da
und dort vorgeschlagen wurde, schon im ersten Wahlgang die relative
Stimmenmehrheit entscheiden lassen, so sind überall da, wo
mehrere Parteien mit ansehnlicher, aber nicht überwiegender An-
hängerschaft im Wahlbezirke vorhanden sind, die Parteien von vorn-
herein, und zwar auf der unsicheren Grundlage bloßer Schätzung ihres
Stärkeverhältnisses, auf die Herbeiführung von Wahlbündnissen unter
einander angewiesen. Der Einblick in das wirkliche Stärkeverhältnis
der Parteien und bei einem Teil der Wählerschaft auch das rege
Interesse am Wahlkampf würde durch diese schon im ersten Wahl-
gang auftauchenden Wahlbündnisse getrübt, während doch sowohl die
Regierung wie sämtliche Gruppen der Bevölkerung ein Interesse
daran haben, daß über diese Verhältnisse Klarheit besteht und das
Interesse an der Wahl rege gehalten wird.“
Das Erfordernis der absoluten Mehrheit bedeutet, daß auf den
Gewählten mindestens eine Stimme mehr gefallen sein muß, als
die Zahl der übrigen, ihm nicht zugefallenen — gültigen, vgl § 57
Abs 3 LandtWG — Stimmen beträgt. Bei Stimmengleichheit der