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Bei Verletzung der Amtspflichten (Dienstvergehen) tritt Dienst-
bestrafung ein. Die Strafen bestehen in 1) Ordnungsstrafen, nämlich
a) Wamung, b) Verweis, c) Geldstrafen — bei besoldeten Beamten
bis zu einem Monatsgehbalt, bei unbesoldeten bis zu 150 M. —,
auch neben Verweis; 2) Gehaltsminderung um höchstens 1½½ auf
5 Jahre, bei Richterbeamten mit unfreiwilliger Versetzung in ein
anderes Richteramt von gleichem Rang verbunden und ohne Zeit-
beschränkung 1); 3) Dienstentlassung. 2 und 3 werden gegen ruhe-
gehaltsberechtigte Beamte nur im förmlichen Dienststrafverfahren, gegen
sonstige vom Staatsministerium verfügt. Die Dienstentlassung hat
grundsätzlich den Verlust des Titels, Gehalts und Ruhegehalts zur
Folge und kann nur erkannt werden nach fruchtloser Gehaltsminderung 2c.,
bei Verurteilung zu mehr als einjähriger Freiheitsstrafe und bei
schwerster Einbuße amtlichen Vertrauens und Ansehens, dann aber
auch wegen vor Amtsantritt begangener Handlungen.
Jeder Dienstvorgesetzte hat das Recht der Warnung, des Ver-
weises und der Geldstrafe, sowie der Erzwingung eines Amtsgeschäfts
durch Zwangsstrafen bis zu 150 M. Bezüglich der Richterbeamten
s. o. § 24 IV Abs. 2 und G. v. 11. Juli 1879. Der richterliche
Beamte kann auch die Disziplinaruntersuchung gegen sich selbst be-
antragen, weil ihm eine Pflichtverletzung oder eine Ordnungswidrig-
keit nicht zur Last falle. Dienstvergehen, die zugleich den allgemeinen
Strafgesetzen unterliegen, können nur von den ordentlichen Gerichten
abgeurteilt werden. Ein Dienststrafverfahren kann nicht nebenher-
gehen, kann aber nach der Entscheidung der ordentlichen Gerichte
nötigenfalls noch eingeleitet werden. Zivilrechtliche Verpflichtungen
bei Dienstvergehen gehören vor die ordentlichen Gerichte. Die vor-
gesetzte Dienstbehörde ist befugt, widerrechtlich erhobene oder vor-
enthaltene Wertbeträge von den Beamten im Verwaltungszwangs-
verfahren beizutreiben.
Das Staatsministerium, bei Richterbeamten das Disziplinar-
gericht?), verfügt das Dienststrafverfahren 3) mit Voruntersuchung und
mündlicher Verhandlung und ernennt den untersuchungsführenden
Beamten. Dienstrafbehörde ist das Oberverwaltungsgericht, für Richter
das Oberlandesgericht). Je nach dem Ergebnis der Voruntersuchung
1) G. v. 11. Juli 1879 § 10.
2) G. v. 11. Juli 1879 88 9, 14.
3) Vergl. Art. 58 fg. G. v. 11. März 1898; 11. Juli 1879 § 12 fg.
4) GVG. § 8; A. z. GG. v. 16. Dez. 1878 § 32; G. v. 11. Juli
1879 § 13; s. o. § 24, III Abf. 2.
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