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zu dem Landtage teilzunehmen nach Maßgabe der Gesetze 1). Ein-
griffe in Freiheit, Eigentum, Abgabepflichten und Rechte der Unter-
tanen können nur durch Gesetze erfolgen (G. Art. 85, s. o. 2. Kap
§ 8 Ziff. 4). Das öffentliche Vereins- und Versammlungsrecht ent-
behrt genauer landesgesetzlicher Regelung ?.
Nach Art. 28 GG. dürfen die Untertanen zu nicht gesetzwidrigen
Zwecken Gesellschaften stiften, ein Siegel jedoch nur mit Bewilligung
des Staates führen 3). Nach dem am 5. Sept. 1854 publizierten
Bundesbeschluß vom 13. Juli d. J. dürfen nur solche Vereine ge-
duldet werden, welche sich darüber genügend auszuweisen vermögen,
daß ihre Zwecke mit der Bundes= (jetzt Reichs-) und Landesgesetz-
gebung im Einklange stehen und die öffentliche Ordnung und Sicher-
heit nicht gefährden. Die Regierung soll jederzeit in der Lage sein,
Kenntnis von Einrichtung und Zweck jedes Vereins nehmen zu können.
Minderjährige, Lehrlinge und Schüler dürfen sich an solchen Vereinen
nicht beteiligen .
Nach einem Reskript vom 29. Mai 1868 sollen die Vereine je-
doch nicht von vornherein zur Anzeige von ihrem Bestehen, ihren
Zwecken und Einrichtungen angehalten werden 5).
Die folgenden Bestimmungen sind lediglich durch Ausschreiben
getroffen. Jede öffentliche Versammlung zu politischen oder sozial-
politischen Zwecken ist unter Angabe des Ortes, der Zeit und des
Zweckes derselben, sowie der voraus bekannten Leiter und Sprecher
spätestens am Tage vor Zusammentritt schriftlich dem Landrat und
Ortsvorstande mitzuteilen. Diese Beamten und ihre Begleiter, sowie
die von ihnen abgeordneten Beamten haben Zutritt, Anspruch auf
einen geeigneten Platz und Auskunftserteilung über Vorsitzenden, Leiter
und Redner. Sie können Anordnungen zur Aufrechterhaltung der
Ruhe und Ordnung treffen und fordern, daß bewaffnete oder nicht
volljährige, aus Wahlversammlungen auch nicht im wahlfähigen Alter
stehende, Personen sich entfernen, sowie nach Befinden die Ver-
sammlung auflösen (A. v. 25. Okt. 1878).
1) Vergl. z. B. Reichs StPO. 8§8§ 31, 84; ferner oben § 9b1, 8 223.
2) REG. v. 11. Dez. 1899: Inländische Vereine dürfen miteinander in
Verbindung treten.
3) Vergl. auch Kircher a. a. O. S. 42, sowie BGB. 8 21 fg. wegen der
juristischen Persönlichkeit, Grundeigentumserwerbs u. s. w.
4) Kircher a. a. O. S. 42
5) Vergl. Thür Bl. 1901 S. 97.