Full text: Das Staatsrecht des Herzogtums Sachsen-Meiningen.

— 113 — 
Oeffentliche Aufzüge müssen spätestens am Tage vorher schriftlich, 
in den Städten dem Bürgermeister, in den Landorten dem Landrat 
und Gemeindevorstand unter Angabe des Veranstalters, Leiters, Ordners, 
der beteiligten Vereine und sonstigen Personenkreise, des Zweckes, 
Ortes und der Zeit des Aufzuges angemeldet werden, welche die er— 
forderlichen Ordnungs= und Sicherheitsmaßregeln treffen können. 
Fahnen, Abzeichen, Aufschriften und Abbildungen, welche eine gegen 
die bestehende staatliche Ordnung gerichtete Kundgebung bedeuten, 
dürfen weder in öffentlichen Aufzügen noch sonst öffentlich geführt 
und zur Schau gestellt werden. Feuerwehr, Unterrichtsanstalten und 
Leichenbegleitungen der Kriegervereine unterfallen nicht diesen Be- 
stimmungen (A. v. 24. Febr. 1905). Zuwiderhandlungen gegen diese 
Vorschriften sind strafbar. 
Die Bekenntnisfreiheit ist durch das G. Art. 29 fg. garantiert 
insofern als, wenn auch die evangelische Kirche die Landeskirche ist 
und bei unzureichenden Dotationen aus den Landeseinkünften zu 
unterhalten ist, doch auch alle anderen Kirchen den Schutz des Staates 
und volle Gewissensfreiheit genießen sollen, wenn sie sich den Gesetzen 
und Verordnungen des Staates gemäß bezeigen. Rechtsfähigkeit 
kann eine Religionsgemeinschaft oder eine geistliche Gesellschaft nur 
durch landesherrliche Verleihung erlangen. Sie tritt im Zweifel mit 
der Bekanntmachung im Regierungsblatt in Wirksamkeit (G. v. 9. Aug. 
1899 Art. 1 § 4) 0. 
Neue Erwerbungen an Grundstücken und Realgerechtigkeiten können 
Kirchen, Schulen und Stiftungen nur mit Genehmigung der Regierung 
machen, soweit mehr als 5000 M. Wert in Frage kommen (Art. 86 
EG. z. BG.; Art. 35 GG.) ?. 
Der Austritt aus der Landes= oder einer anderen anerkannten 
christlichen Kirche, der israelitischen oder einer anderen Religions- 
gesellschaft mit Korporationsrechten kann erst nach zurückgelegtem 21. 
Lebensjahre durch eine vor dem Landrat — in den Städten dem 
Bürgermeisteramt — persönlich abzugebende Erklärung erfolgen, die 
erst 6 Wochen nach dem Antrag aufzunehmen ist. Der Ausgetretene 
ist — mit einer Modifikation — zu Leistungen, welche auf der per- 
1) Vergl. EG. z. BGB. Art. 4. 
2) Die analoge Bestimmung bezüglich der „Gesellschaften“ in Art. 28 G. 
dürfte wohl mindestens durch Derogation außer Kraft getreten sein. Vergl. jedoch 
Kircher a. a. O. S. 42.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.