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Oeffentliche Aufzüge müssen spätestens am Tage vorher schriftlich,
in den Städten dem Bürgermeister, in den Landorten dem Landrat
und Gemeindevorstand unter Angabe des Veranstalters, Leiters, Ordners,
der beteiligten Vereine und sonstigen Personenkreise, des Zweckes,
Ortes und der Zeit des Aufzuges angemeldet werden, welche die er—
forderlichen Ordnungs= und Sicherheitsmaßregeln treffen können.
Fahnen, Abzeichen, Aufschriften und Abbildungen, welche eine gegen
die bestehende staatliche Ordnung gerichtete Kundgebung bedeuten,
dürfen weder in öffentlichen Aufzügen noch sonst öffentlich geführt
und zur Schau gestellt werden. Feuerwehr, Unterrichtsanstalten und
Leichenbegleitungen der Kriegervereine unterfallen nicht diesen Be-
stimmungen (A. v. 24. Febr. 1905). Zuwiderhandlungen gegen diese
Vorschriften sind strafbar.
Die Bekenntnisfreiheit ist durch das G. Art. 29 fg. garantiert
insofern als, wenn auch die evangelische Kirche die Landeskirche ist
und bei unzureichenden Dotationen aus den Landeseinkünften zu
unterhalten ist, doch auch alle anderen Kirchen den Schutz des Staates
und volle Gewissensfreiheit genießen sollen, wenn sie sich den Gesetzen
und Verordnungen des Staates gemäß bezeigen. Rechtsfähigkeit
kann eine Religionsgemeinschaft oder eine geistliche Gesellschaft nur
durch landesherrliche Verleihung erlangen. Sie tritt im Zweifel mit
der Bekanntmachung im Regierungsblatt in Wirksamkeit (G. v. 9. Aug.
1899 Art. 1 § 4) 0.
Neue Erwerbungen an Grundstücken und Realgerechtigkeiten können
Kirchen, Schulen und Stiftungen nur mit Genehmigung der Regierung
machen, soweit mehr als 5000 M. Wert in Frage kommen (Art. 86
EG. z. BG.; Art. 35 GG.) ?.
Der Austritt aus der Landes= oder einer anderen anerkannten
christlichen Kirche, der israelitischen oder einer anderen Religions-
gesellschaft mit Korporationsrechten kann erst nach zurückgelegtem 21.
Lebensjahre durch eine vor dem Landrat — in den Städten dem
Bürgermeisteramt — persönlich abzugebende Erklärung erfolgen, die
erst 6 Wochen nach dem Antrag aufzunehmen ist. Der Ausgetretene
ist — mit einer Modifikation — zu Leistungen, welche auf der per-
1) Vergl. EG. z. BGB. Art. 4.
2) Die analoge Bestimmung bezüglich der „Gesellschaften“ in Art. 28 G.
dürfte wohl mindestens durch Derogation außer Kraft getreten sein. Vergl. jedoch
Kircher a. a. O. S. 42.